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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0094
malpflege in dieser Art und Weise auszuweiten? Unter drei Gesichtspunkten
lassen sich die Antworten knapp zusammenfassen: 1. Eine Gebäudegruppe
(Ensemble), ein Straßen-, Platz- oder Ortsbild erhält den Wert
als eigenständiges Architekturbild in der Regel nicht aufgrund der
wenigen herausragenden und künstlerisch wertvollen Monumente, sondern
erst aus der Summe aller Bildteile, auch wenn diese einzeln für sich
genommen kaum etwas besonderes darstellen. 2. Stadtaufriß, Stadt- und
Straßengrundriß bis hin zu den oftmals auf die Zeit der Stadtgründung
zurückgehenden Parzellenbreiten und ebenso die Strukturen und Eigenheiten
im Stadtaufbau sind wichtige, nicht selten einmalige geschichtliche
Zeugnisse der Stadtkultur. 3. Die gegenwärtige Stadtplanung und Architektur
scheinen durchweg nicht in der Lage, städtebauliche Qualitäten zu
schaffen, die an bildprägender Kraft im gesamten, an optischem Reichtum
im einzelnen, an spielerisch wirkender Leichtigkeit in der Grundhaltung
den Lösungen der Vergangenheit gleichkommen."33 Vor allem daran
hat das Europäische Denkmalschutzjahr erinnern wollen; es wurde 1975
begangen: es sollte, auch für Rastatt, auch 1976 nicht vergessen sein.

Epilog

Am Rastatter Hof behaupteten Architektur und Musik einen gleich hohen
Rang; beide waren, auf je eigene Weise, Ausdruck des Geordneten, Geregelten
, Konstruierten, Kalkulierten, Mathematischen im Wesen des Barock
. So ist es beileibe kein Zufall, wenn man sich die Architektur als eine
erstarrte und verstummte Musik dachte: als das Werk eines Orpheus, der
durch die Harmonie der Töne die der Steine erzeugt und erzwingt. „Die
Töne verhallen, aber die Harmonie bleibt. Die Bürger einer solchen Stadt
wandlen und weben zwischen ewigen Melodien; der Geist kann nicht sinken
, die Tätigkeit nicht einschlafen, das Auge übernimmt Funktion, Gebühr
und Pflicht des Ohres, und die Bürger am gemeinsten Tage fühlen
sich in einem ideellen Zustand: ohne Reflexion, ohne nach dem Ursprung
zu fragen, werden sie des höchsten sittlichen und religiösen Genusses
teilhaftig. (...) — Der Bürger dagegen in einer schlecht gebauten Stadt,
wo der Zufall mit leidigem Besen die Häuser zusammenkehrte, lebt unbewußt
in der Wüste eines düstern Zustandes; dem fremden Eintretenden
jedoch ist es zumute, als wenn er Dudelsack, Pfeifen und Schellentrommeln
hörte und sich bereiten müßte, Bärentänzen und Affensprüngen
beiwohnen zu müssen." 34

1 Vgl. Johannes Werner, Mark Twain auf den Spuren der Markgräfin. Ein Einblick ins Barock. In:
Die Ortenau 55 (1975), S. 222—227.

2 Wilhelm Hausenstein, Vom Genie des Barock. München 1962, S. 46.

3 Vgl. Egon Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit. Die Krisis der europäischen Seele von der Schwarzen
Pest bis zum Ersten Weltkrieg. München 1969, S. 493 ff.

4 Ebda. S. 503.

5 Hausenstein, a. a. O. S. 34. — „Dies war eine Landschaft, die den Namen kaum tragen konnte. Eben

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