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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0145
Das Steuerwesen sollte lediglich auf eine neue Grundlage gestellt werden.
Bisher wurden die Landes- und Gemeindesteuern rein rechnerisch und schematisch
auf die Pflichtigen umgelegt. Von jetzt an sollte das Einkommen und
das Vermögen jedes Einzelnen zugrunde gelegt werden zur Errechnung der
Steuer, was der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit mehr entsprach, aber dafür
ein verwickeltes Verwaltungs- und Rechnungswesen erheischte. Mit anderen
Worten: Damals entstand das moderne Steuerwesen und aus dem Lehensstaat
erwuchs ein Beamtenstaat. Bisher wurde die Höhe der Steuern meist durch das
Herkommen bestimmt, von da an wurde der Steuersatz jährlich durch die
Volksvertretung in Karlsruhe festgesetzt.

Anders war es bei den grundherrlichen Lasten, Abgaben und Diensten. Diese
privatherrlichen Rechte sollten zwar auch verschwinden, aber sie mußten geldlich
abgelöst werden. Man berechnete den 20fachen Jahresertrag als endgültige
Ablösungssumme, die dann in Raten abzuzahlen war. Dazu gehörten die städtischen
, staatlichen und kirchlichen Grundgülten, Zinse, Fronleistungen, Zehnten
und die sonstigen Dienste und Abgaben. Die Lehensgüter wurden in vertragliche
Pacht- oder Eigentumshöfe übergeleitet gegen die errechnete Ablösungssumme
. Dies verteilte man auf die nächsten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts
, damit nicht alles gehäuft auf die Betroffenen zukäme. Am wichtigsten
wurden dafür die Jahre 1831 und 1832, in denen die alten gemeindlichen und
grundherrlichen Abgaben und Dienstleistungen abgelöst wurden. Danach wurde
die neue badische Steuerordnung uneingeschränkt angewendet. Mit der Abschaffung
der Steuern war es also nichts, im Gegenteil gab es durch die neuen
Steuersätze und die zusätzlich dazukommenden Ablösungsbeträge eine nicht
erwartete finanzielle Belastung der einzelnen Steuerpflichtigen. Das hat auch
die Gengenbacher verständlicherweise zu verdrossenen Staatsbürgern gemacht.
Dazu kam noch, daß jedermann schmerzlich den Niedergang des Wirtschaftslebens
spürte, so daß auch die Gengenbacher Geschäftsleute verarmten, was
noch durch die Mißernten der 1840er Jahre verschärft wurde, da auch die damaligen
Stadtbürger noch immer halbbäuerlich lebten und wirtschafteten.

Durch all dies wird es begreiflich, daß so mancher Gengenbacher sich den Revolutionären
anschloß. Wie auch anderwärts, so entstanden in Gengenbach zwei
Parteien: die Vaterländer und die Demokraten, die sich zu allem Uberfluß noch
heftig bekämpften.

Die Stadtverwaltung kam durch die geschilderten Verhältnisse in eine noch nie
dagewesene finanzielle Notlage und konnte sich nur durch Schuldenaufnahme
helfen. Jedoch Schulden müssen verzinst und getilgt werden. Dazu reichten
wieder die Einnahmen nicht aus. Der Stadtrat beschloß daher, zur Schuldentilgung
alle städtischen Gebäude außer dem Rathaus zu verkaufen. Es waren:
der alte steinerne Turm (Niegelturm) unweit vom unteren Tor, die sog. Hölle,
der Mercysche Hof, die alte Metzig, das Gutleuthaus (Krankenhaus und Altersheim
) jeweils mit den zugehörigen Feldern, die Kapelle im alten Spital, das
Schießhaus rechts vor dem Kinzigtor, das Sägerhaus auf dem Grün, das Zollhaus
am Kinzigtor. Sogar die Stadtmauer wurde teilweise abgebrochen und die
Steine zum Hausbau verkauft usw.1 Zur weiteren Mittelbeschaffung mußte
man sich entschließen, auch das Kinzigtor, das Obertor sowie das Leutkirchtor
auf Abbruch zu verkaufen. Verkauft wurden sie zwar, aber die Revolutionswirren
verhinderten den völligen Abbruch, mit Ausnahme des Leutkirchtores.

1 Siehe über all diese Dinge die Ratsprotokolle der Stadt.

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