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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0303
schaftlichen Beziehungen über seine Frau, Prinzessin Luise von Preußen, wie
kein anderer deutscher Souverän Einfluß am Berliner Hof ausüben; einen
Einfluß, der trotz der immer stärker hervortretenden konservativen Grundhaltung
in der Regel von mäßigendem und liberalem Geist geprägt war: Sei es
Friedrichs Widerstand gegen die Abtretung eines Teils des Elsaß um Weißenburg
an Bayern, sei es im Kulturkampf, in der „Germanisierung" des Elsaß, 6
im Verhältnis zu Frankreich, in der Kritik am cäsaristischen Regierungsstil Bismarcks
oder in so persönlichen Fragen wie der Erziehung seines Sohnes, den
Friedrich erst das Abitur machen ließ, obwohl ihn Kaiser Wilhelm I. schon
früher gern in seinem Garderegiment gesehen hätte.

Unter dem „neuen Kurs" Kaiser Wilhelms II. setzte Friedrich als dessen Onkel
alles daran, die Politik des „Hansdampf-in-allen-Gassen" zu bremsen und zu
mildern. Als die Reichsleitung während des russisch-japanischen Krieges die
koloniale Streitfrage Marokko zu einem verschärften Kampfkurs gegenüber
Frankreich ausnutzte, schrieb der Großherzog am 20. Februar 1906 warnend an
den Kaiser, daß über die Bagatelle Marokko das wesentlich bedeutsamere
Nachbarschaftsverhältnis zu Frankreich nicht aus den Augen verloren werden
dürfe, und mahnte Wilhelm IL, sich von jenen Kräften im Auswärtigen Amt
und im Generalstab loszusagen, die angesichts der günstigen strategischen Situation
einer Machtprobe mit Frankreich nicht abgeneigt schienen: 7

„Wie schädlich ein Krieg mit Frankreich dermalen für uns wäre und wie
unpopulär in Deutschland, das ist wohl selbstredend. Ein solcher Krieg
kann nur von denen gewünscht werden, die unsere hochentwickelte Industrie
durch Hinderung eines genügenden Exports ruinieren wollen, was
auch erfolgen würde, wenn der Krieg endlich siegreichen Erfolg zu Lande
hätte. Aber wir würden alle Verbündeten verlieren und nur schwer wiedergewinnen
."

Unter den zahlreichen Schriftstücken aus der Feder Friedrichs hat der Herausgeber
vor allem Stücke ausgewählt, die unabhängig vom offiziellen Geschäftsgang
der Vertretung Badens im Bundesrat aus dem im Generallandesarchiv
verwahrten großherzoglichen Familienarchiv stammen, und durch Stücke von
Professor Heinrich Geizer ergänzt, der von 1871 bis 1880 eine Schlüsselrolle in
der badischen Reichspolitik spielte.

So begrüßenswert diese Quellenedition auch ist, die Aufgabe des Historikers,
die Geschichte Badens in der Reichspolitik zu schreiben, bleibt bestehen, wofür
die jetzt vorgelegten Dokumente und die ausführlichen Anmerkungen des Herausgebers
eine unschätzbare Hilfestellung leisten.

H. Raulf f

1 H.-U. Wehler: Das deutsche Kaiserreich 1871—1918. Göttingen 1973, S. 267.

2 Großherzog Friedrich L von Baden und die deutsche Politik von 1854—1871.
Briefwechsel, Denkschriften, Tagebücher. Hrsg. von der Badischen Historischen
Kommission, bearbeitet von Hermann Oncken, 2 Bde., Berlin-Leipzig
1927.

3 H. Rosenberg: Große Depression und Bismarckzeit. Berlin 1967.

4 M.Stürmer: Regierung und Reichstag im Bismarckstaat 1871—1880. Cäsarismus
oder Parlamentarismus. Düsseldorf 1974.

5 E. Fehrenbach: Wandlungen des deutschen Kaisergedankens 1871—1918.
München 1969.

6 D. P. Silverman: Reluctant Union. Alsace-Lorraine and Imperial Germany
1871—1918. London 1972.

7 Friedrich I. an Wilhelm II., Karlsruhe, 20. 2.1906 (Politisches Archiv des Auswärtigen
Amtes, Bonn: Frankreich 102 Bd. 36).

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