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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0305
beredten Titel trug „Angriffskrieg gegen Frankreich". Auch Reichskanzler
Fürst von Bülow, Friedrich von Holstein und Kaiser Wilhelm II. seien von der
Unabänderlichkeit eines Krieges gegen Frankreich überzeugt gewesen. Der
preußische Kriegsminister Karl von Einem habe 1906 damit gerechnet, daß der
Krieg mit Frankreich „schwerlich später als in zwölf oder achtzehn Monaten"
ausbrechen würde (Seite 133).

Ein bedrückendes Bild entwirft Heiner Raulff von der Kriegsbereitschaft
der großen Mehrheit der deutschen Parteien und politischen Gruppierungen.
Vor allem die Nationalliberalen hätten mit ernsthaften Komplikationen gerechnet
und die offizielle Form des „Notwehrkrieges" übernommen. Auch das Zentrum
habe die deutsche Machtpolitik gebilligt und die Ursachen der Kriegsgefahr
allein in Frankreichs Vorgehen gesehen. In konservativen Kreisen und
im Alldeutschen Verband habe die Zwangsvorstellung von der „Einkreisung"
Deutschlands ein großes Echo gefunden. Und der einflußreiche Publizist Maximilian
von Harden habe öffentlich unumwunden einen Präventivkrieg gegen
Frankreich befürwortet. Widerstand gegen die Machtpolitik und den Präventivkrieg
sei insbesondere von den linksliberalen Parteien gekommen. Sie hätten
immer wieder gewarnt, daß die Regierung in einen Krieg mit Frankreich
hineintreiben werde. Kritik an der Frankreichpolitik der Reichsregierung sei
vor allem auch von Seiten der Sozialdemokraten erfolgt, die zu jener Zeit
eng mit den französischen Sozialisten zusammenarbeiteten. Die SPD habe damals
keinen Zweifel daran gelassen, daß sie zusammen mit den Gewerkschaften
selbst den Generalstreik ausrufen würden, um einen Krieg mit
Frankreich abzuwenden.

Das Buch von Heiner Raulff zeigt deutlich, daß bereits in den Jahren 1904 bis
1906 die militärische und politische Führung im Deutschen Kaiserreich eine
bewußte Kriegsvorbereitung, ja, Kriegsplanung trieb und mithin eine gewisse
Kontinuität der offensiven Aggression des kaiserlichen Deutschlands gegenüber
Frankreich bis zum Jahre 1914 offenkundig ist, so daß die von dem
Hamburger Historiker Fritz Fischer und seiner Schule vertretene These von
Deutschlands „Griff nach der Weltmacht" (so der Titel seines 1961 erschienenen
Hauptwerkes) durch die Untersuchungen Raulffs bereits für die Zeit
1904/06 bestätigt wird.

M. Hildenbrand

Wilhelm Kutter: Schwäbisch-alemannische Fasnacht. 1976 im Sigloch Service
Edition-Verlag Künzelsau. 31 x 27 cm. Kunstledereinband, mit
220 Seiten, 184 wundervolle Farbfoto-Reproduktionen, davon 57 ganz-
und zweiseitige, mit einem mehrfarbigen Titelbild und vielen sehr hübschen
Zeichnungen des Grafikers Frieder Knauss.

Schon das von Frieder Knauss prächtig gezeichnete Titelbild einer Gengenbacher
Hexe verrät das Besondere dieses umfangreichen Werkes, das erstmalig
eine, man kann sagen, fast vollständige Zusammenfassung des überaus
vielschichtigen Fasnachtbrauchtums im deutschen Südwesten und der angrenzenden
Schweiz bietet, von einem Kenner dieses Brauchtums zusammengetragen
in langjährigen und mühsamen Arbeiten.

Von den Ursprüngen an, von Glaube und Aberglaube, von frühesten Belegen in
kirchlichen Anordnungen des 8. Jahrhunderts, von den vorchristlichen Bräuchen
bis zu deren mutmaßlicher Umwandlung im Lauf der Zeiten, ist hier alles nur
Erdenkliche zusammengefaßt, was den Forscher vom Volkstum interessiert und

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