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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0313
staunt, wieviel Mitspracherecht eine Zeit, die von den Historikern als autoritär
und wenig demokratisch bezeichnet wird, gemeint sind die zwanziger und dreißiger
Jahre des 19. Jahrhunderts, wenn auch nicht der ganzen Einwohnerschaft,
so doch den Gemeindebürgern zubilligte." Vom gleichen Verfasser stammt der
Vortrag über die Geschichte der Wallfahrtskirche „Maria Himmelfahrt", der die
Lehrer angesichts der heutigen modernen Schulen an jene Verhältnisse erinnert
, da der Schulmeister mit dem Schweinehirt unter demselben Strohdach
wohnte und sein Weib im Winter mit ihren vier Kindern sich im gleichen Raum
aufhalten mußte.

Der Bericht des Bürgermeisters Günter Kaufmann über die Partnerschaft mit
der französischen Stadt Montlouis-sur-Loire macht deutlich, daß sich diese nicht
nur auf der oberen Ebene der Prominenz abspielen muß, sondern daß hier
lebende Beziehungen zwischen der Bevölkerung beider Orte geschaffen wurden.
Das Heft bringt ferner wieder die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1975 und
für den Familienforscher Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen. Greifen
wir von den übrigen Beiträgen noch den Gedenkartikel von Helmut Kern für
Prof. Gustav Brudy mit einer bemerkenswerten Feststellung über seine Wirksamkeit
als Direktor eines Gymnasiums in Straßburg von 1940 bis 1944 heraus:
„Wer kann heute noch ermessen, wieviel Zivilcourage dazu gehört hat, sich mit
der Gestapo und den Parteifunktionären anzulegen, um seine Schüler vor KZ,
Verhaftung, Verweisung von der Schule oder anderen Folgen zu schützen. Das
war echte Humanität, das war auch Christentum der Tat, und deshalb haben
ihn seine damaligen Schüler und Freunde nie vergessen." — Abschließend sei
vermerkt, daß es Dr. Günther Maier dankenswerterweise unternimmt, den Bestand
der Appenweierer Mundart festzuhalten. Dr Dittler

Walter Grab: Eulogius Schneider. Ein Weltbürger zwischen Mönchszelle
und Guillotine. In: Gert Mattenklott/Klaus R. Scherpe (Hrsg.), Demokratisch
-revolutionäre Literatur in Deutschland: Jakobinismus. Skriptor Taschenbücher
Literaturwissenschaft, Kronberg/Ts. 1975, S. 61—138.

Kein anderer deutscher Jakobiner hat noch lange nach seinem Tode die Gemüter
im Elsaß so bewegt wie der ehemalige Franziskanermönch und Bonner Professor
Eulogius Schneider, der nach Ausbruch der Französischen Revolution im
Sommer 1791 in Straßburg eintraf. Grab schildert seine Entwicklung vom glühenden
Anhänger der Aufklärung, der trotz seiner radikalen Gesellschaftskritik
noch an der monarchischen Staatsform festhielt, bis zum kompromißlosen Verfechter
sansculottischer Interessen. In Straßburg schloß er sich zunächst der
„Gesellschaft der Konstitutionsfreunde" an, deren Mitglieder liberal-monarchistisch
waren, gründete am 3. Juli 1792 die Zeitschrift „Argos oder der Mann mit
hundert Augen" und distanzierte sich vorsichtig von der Blutjustiz bei den
Septembermassakern 1792 in Paris. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im
Dezember 1792 führten ihn rasch in verantwortliche Positionen. Am 19. Februar
1793 wurde er öffentlicher Ankläger beim Kriminalgericht des niederrheinischen
Departements, der seine Aufgabe in der Bekämpfung von Wucherern und
Spekulanten sah und schließlich als der „Schreckensmann" in die Geschichte
einging, obwohl sich nach seinem Tode der Terror verschärfte. Mußte er als
Haupt der deutschsprachigen Jakobiner sterben, auf die Robespierre seine
Schuld abwälzen wollte, oder waren es tiefere Gründe? Nach Grab scheiterte
Schneider an seinem Sansculottentum und damit am Interessenkonflikt mit den
Jakobinern, „die die Aspirationen der Sansculotten auf direkte Demokratie,
Teilnahme am politischen Entscheidungsprozeß, ökonomischer Chancengleichheit
und egalitärer Besitzumschichtung negierten" (S. 113). Fr)

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