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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 8
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strengen Kasernenbetrieb. In seiner Studentenbude konnte er ungehindert seinem
naturwissenschaftlichen Wissensdrang frönen. Terrarium, Herbarium,
Aquarien und allerlei physikalisches Gerät verrieten damals schon etwas von
seinem späteren Wirken.

1910, nach dem 1. Lehrerexamen, kam er nach Tiengen bei Waldshut, einem
damals noch winzigen, rückständigen Landstädtchen, wo sich die geistliche
Schulaufsicht für den aufmüpfigen Jungpädagogen in ständigem Bespitzeln
des Privatlebens und heftiger Konfrontation im Schulbereich entlud und zu
einer weiteren Distanzierung des Gemaßregelten von Kirche und frommem
Elternhaus führte. Der streitbare evangelische „Pfarrherr" hatte kein Verständnis
, wenn Gottlob Schlörer sonntags zum Skilaufen in die Schwarzwaldberge
oder zum Schmetterlings- und Käfersammeln in die nähere Umgebung wanderte
, wenn er Versteinerungen in Kalksteinbrüchen, Ottern, Salamander und
anderes Getier an den Sonnenhängen für den Biologieunterricht zusammensuchte
. Eine Strafversetzung nach Diersheim im Hanauerland im Jahre 1911
beendete den Kleinkrieg zwischen Pfarrer und Junglehrer. Auch die Diers-
heimer schüttelten anfänglich den Kopf über den blonden Jüngling, der in
Sandalen und Schillerkragen umherlief statt im steifen Schulmeisters-Sonntagsstaat
, wie es damals üblich war. Man wunderte sich, daß er beim Lesen
bäuchlings auf dem Fußboden lag und Tee trank, daß er keinem kulturellen
Verein beitrat, sondern eigene, ungewöhnliche Wege ging. Bald knüpfte er
zarte Bande zu Else Meier, die man im Volksmund „s'Faschinelejers-Else"
nannte, weil ihr Großvater nach der Tullaschen Rheinregulierung als Faschinenleger
tätig war. Die Wege zum Schätzchen waren anfänglich ein Spießrutenlaufen
und mußten heimlicherweise — zuweilen dem Mühlbach entlang —
beschritten werden, denn eifersüchtige Dorfburschen lauerten dem unwillkommenen
Nebenbuhler auf, um ihn handgreiflich auf vermeintliche ältere Rechte
aufmerksam zu machen. Ehe Gottlob Schlörer zu den Pionieren nach Speyer
einrückte, verlobte er sich 1913 und verließ für Jahre seine spätere Wahlheimat
.

Seine aktive Militärzeit war zur Hälfte vorüber, da begann der 1. Weltkrieg,
den er von Anfang bis zum bitteren Ende an der Westfront miterlebte, wobei
er als Folge eines nahen Granateinschlags einen Gehörschaden davontrug. In
einem Kurzurlaub verheiratete er sich 1916. Die ersten Nachkriegsjahre — bis
1926 — verbrachte er als planmäßiger Hauptlehrer in der Zwergschule Landeck
bei Emmendingen, einem romantischen Nest im hügeligen Nordteil des Breisgaues
, von einer efeuumrankten Burgruine überragt. Hier übte er für Jagdherren
und Sammler den Job eines Tierpräparators aus, um sich zu seinem
bescheidenen Gehalt ein geringes Zubrot zu .verdienen. Durch Mithilfe bei
Bauern in der Erntezeit überstand er mit seiner inzwischen auf drei Personen
angewachsenen Familie die Inflationszeit. Der kleine Sohn Walter starb an
Lebensmittelvergiftung. Nach der Geburt der Tochter Waltraud — heute Arztfrau
in Baden-Baden — zog Gottlob Schlörer für 4 Jahre als Schulleiter nach
Linx. 1930 wurde die Hauptlehrerstelle in Diersheim frei, um die sich Schlörer
bewarb. In jenen Jahren war er als „Schädlingsschreck des Hanauerlandes"
für alle Obstpflanzer, denen er Vorträge hielt, zum festen Begriff geworden.
Als Imker besaß er gleichfalls Erfahrungen, die er gerne weitergab. Kein Wunder
, daß der Bezirksobstbauverein sich seiner vor und nach dem Krieg als
Werbefachmann bediente.

Die nationalsozialistische Kultusverwaltung brachte nach Hitlers Machtergreifung
durch mehr oder weniger sanften Druck viele Landlehrer zu Ahnenforschung
und Volkstumpflege, die nach dem Krieg, weitgehend entpolitisiert, für

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