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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 59
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0061
Wirklichkeit und Dichtung bei Grimmelshausen

Festvortrag zum 300. Todestag des Dichters am 17. August 1976 in Renchen
Von Günther Weydt

„Aber was heißt großer Stil? Großer Stil heißt soviel wie vorbeisehen
an allem, was die Menschen eigentlich interessiert."

Theodor Fontane

„In dem Begreiflichen liegt auch immer das Begrenzte, während
erst das Unbegreifliche uns mit dem Schauer des Ewigen erfaßt."

Theodor Fontane

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

wir gedenken heute eines Schriftstellers, der wahrscheinlich nicht nur der
größte des deutschen Barock, sondern auch unser bedeutendster Dichter in allen
Jahrhunderten zwischen dem hohen Mittelalter und den Tagen Goethes gewesen
ist.

Der Redner, dem die Ehre zuteil wird, jetzt die abendliche Gedenkrede zu
halten, befindet sich in einer schwierigen Lage. Er weiß, daß er nicht weiß,
was sein Publikum von ihm erwartet, und was er ihm in einer solchen Situation
schon oder noch zutrauen kann. Bereits im Rahmen dieser Festtage haben
Repräsentanten der Gesellschaft, Freunde Grimmelshausens, ein Dichter, der
zugleich als Germanist spricht, ein Sohn Thomas Manns, hervorragender Kenner
des 17. Jahrhunderts, der von seinem Vater die Kraft zu souveräner Gestaltung
geerbt hat, sehr Wesentliches über Grimmelshausen gesagt. Daß Grimmelshausen
unsterblich ist und wieso, haben die meisterhaften Zusammenfassungen
und — über die Zusammenfassungen hinaus — der Senator aus der
Ortenau und der Ministerpräsident des Landes gleichfalls verdeutlicht.1

Die Lage wird für den letzten Redner dadurch nicht leichter, daß er aus besonderer
Kennerschaft mit einigen seiner Schriften bereits zitiert worden ist, und
daß er zudem bei Eröffnung der Ausstellung im nahen Oberkirch noch einmal
die außerordentlich kunstvolle Struktur des „Simplicissimus" darzulegen hatte.
Schließlich ist in diesen Tagen durch fast alle Zeitungen der Bundesrepublik
die Nachricht gegangen, daß wir glauben, ein Porträt des Dichters gefunden zu
haben.2

Ich befinde mich also etwa in der Lage eines Olympiateilnehmers, den die
Sporthilfe gefördert hat, weil er einige Male erfolgreich startete, und der vielleicht
nicht über den siebzehnten Platz hinauskommt, — womit er begreiflicherweise
Betreuer und Anhänger enttäuschen würde. Ich will jedoch versuchen,
in dieser Situation einen mittleren Weg zu finden, das heißt, ohne banalisierende
Wiederholung einerseits und ohne allzu verstiegenen Anspruch von Wis-

1 Während der vier Festtage in Renchen hatten u. a. schon Bürgermeister Huber, Ministerpräsident Fil-
binger, Senator Dr. e. h. Burda, Professor Golo Mann und Dr. Herbert Heckmann gesprochen.

2 Es handelte sich um eine Zusammenfassung der Argumente meines Aufsatzes in „Grimmelshausen.
Dichter und Schultheiß", „Festschrift der Stadt Renchen", 1976.

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