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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 136
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Hier erneuert er, festigt die in Verfall geratene Ordnung und löst die bis zu
dieser Zeit übliche Mischregel ab mit Einführung der Regel des hl. Benedikt.
Wenn die in der letzten Klostergründung Pirmins, Hornbach, verfaßte Vita
Pirmins erstmals den Namen Offoniswilare vermeidet und von Schuttern
spricht, so tat dies der Schreiber sicher zur Ehre seines Helden, der dann auch
von vielen Historikern als Gründer Schutterns angesehen wurde. In allen Urkunden
ottonischer Zeit heißt das Kloster nach wie vor Offoniswilare oder
Offoniscella. Die Leistung Pirmins in Schuttern darf jedoch nicht gering veranschlagt
werden; in der baulichen Entwicklung scheint sie sich deutlich abzuzeichnen
. (Abb. 1.) Mit Recht spricht Mone von Pirmin als zweitem Gründer
u und G. Jecker sagt, daß Pirmin nicht nur Neugründungen vornahm, „sondern
auch mönchische Niederlassungen zu eigentlichen Benediktinerklöstern
organisierte, wie sicher in Schuttern, (wo) eine Schottenniederlassung gewesen"
(sein dürfte).14 Die karolingische Geschichtsschreibung hat des öfteren die Verdienste
der Merowinger in Vergessenheit geraten lassen, F. Prinz hat einen
solchen Vorgang anhand der Gründungsgeschichte der Abtei Reichenau ins
Licht gerückt;15 so blieb auch die vorpirminische Geschichte Schutterns nur im
Gedächtnis der Mönche in Schuttern selbst erhalten und ging in die Überlieferung
ein.

Im Zeitalter „exakter" Wissenschaft sind Überlieferungen schlechthin „legendarisch
" und suspekt. Aus guten Gründen muß die Geschichtswissenschaft auf
urkundlich belegten Tatsachen bestehen, um sie anerkennen zu können. Von
den wenigsten historischen Ereignissen der Frühzeit gibt es Belege oder Überlieferungen
. Mit den Urkunden setzen auch die falschen Urkunden ein. Der
Archäologe findet im Boden jedoch echte Urkunden; hier ist nichts falsch!
Doch die Wahrheit eines Befundes beruht auf der Fähigkeit des rechten Erkennens
: Irrtümer sind so häufig wie falsche Urkunden. Aber die Bemühung
des Archäologen stammt aus anderer Wurzel, als die verdeckte Tat des Fälschers
; Bodenurkunden sind ent-deckt, dem kritischen Auge offengelegt.

Ein erster Kirchenbau in Schuttern ist in unmittelbarer Nähe römischer Bauten
— Ruinen — errichtet und wurde der hl. Maria geweiht. Das Marienpatro-
zinium zeichnet die frühen merowingischen Gründungen aus: Tours, Clermont,
Toulouse, Poitiers, Straßburg, Mainz, Konstanz, Basel, Chur und zahllose Klostergründungen
des 6./7. Jh. tragen dies Patrozinium. Die Grundrisse der römischen
Fundamente in Schuttern lassen auf eine kleinere römische Villa schließen
, deren Südfront aus zwei vorspringenden Flügeln und einem zurückliegenden
Zwischentrakt besteht (Abb. 1.) Münzen, Keramik und Leistenziegelbruch
begleiten diese Fundamente. Zum Bau der ersten Kirche konnte das Steinmaterial
von Mann zu Mann zugeworfen werden, ehemalige Hofmauern nach ihrer
Ausbesserung als Klostermauern wieder in Dienst genommen werden. Die
Fundamentsohlen dieser Mauern gleichen völlig der Fundierung des kleinen
römischen Antentempels, der in der nahen Gemarkung 1973 freigelegt wurde.16
Römischer Schutt an der späteren Klostermauer bestätigt deren frühen Ursprung
. Wiederum sehen wir das Prinzip bestätigt, „— daß die merowingischen
Heiligen nach antiken Ruinen suchten, um dort ihr Kloster zu gründen." 17 Die

13 F. Mone, a.a.O. Bd. III, S. 49.

14 G. Jecker, Die Heimat des hl. Pirmin, Münster 1927, S. 13.

15 F. Prinz, Frühes Mönchtum in Südwestdeutschland (in: „Mönchtum und Gesellschaft im Frühmittel'
alter", Darmstadt 1976, S. 203).

16 G. Fingerlin, Zwei römische Straßenstationen im südlichen Oberrheintal, in: „Denkmalpflege in Bad.-
Württ.", 1976, Heft 1.

17 K. Weber, Kulturgeschichtliche Probleme der Merowingerzeit, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte
des Benediktiner-Ordens, 1930, S. 376.

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