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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 204
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0206
Urkunden seit der Gründungszeit vernichtete.42 Daß auch in Zell für eine gewisse
Zeit Prädikanten tätig waren, konnte man bisher wohl nur vermuten.
Neuerdings hat jedoch J. V. Wagner anhand Basler Akten nachgewiesen, daß
spätestens im Jahre 1537 der evangelische Prediger Crispinus König das „evan-
gelium Christi" in Zell verkündigt hat.«

3. Die Einführung der Reformation in Gengenbach

Wie wohl in der gesamten Ortenau liegen auch die Anfänge der Reformation
in Gengenbach ziemlich im dunkeln. Dennoch dürfen wir davon ausgehen, daß
auch Gengenbach von den Straßburger Vorgängen recht bald berührt wurde.
Zu den Mißständen im Gengenbacher Klerus, die dringend einer Reform bedurften
, kamen die unruhigen zwanziger Jahre: die reformatorische Bewegung
und die größte politisch-soziale „Massenbewegung der deutschen Geschichte",
der Bauernkrieg mit seinen Vorläufern.44 Wenn auch diese Unruhen in der
Ortenau zu keinen blutigen Kämpfen führten45 und das Kloster Gengenbach
vermutlich glimpflich davonkam, so sind doch die Forderungen und Ideen der
Bewegung nicht spurlos an den Menschen dieser Gegend vorübergegangen.

Die Verpflichtungen gegenüber der Abtei Gengenbach waren hart. Auch die
Stadt Gengenbach spürte dies, versuchte aber auf etwas feinere Art als durch
Aufruhr sich dieser Verpflichtungen zu entledigen, indem sie im Jahre 1525
die Pläne des Ortenauer Landvogts Graf Wilhelm von Fürstenberg unterstützte,
das Kloster zu säkularisieren.46

Die Kritik an den wirtschaftlichen, sozialen und kirchlichen Mißständen des
beginnenden 16. Jahrhunderts, die sich in den bäuerlichen Forderungen und
Aufständen Ausdruck verschaffte, erhielt durch die reformatorische Bewegung
neues Gewicht und führte so vielerorts zur Ablehnung der kirchlichen Autorität
. Die neue Lehre Luthers konnte in Gengenbach, wo die Mißstände besonders
groß waren, gut Fuß fassen, lief aber andererseits Gefahr, in Verbindung mit
solchen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Forderungen verfälscht zu
werden.

Daß der Straßburger Reformator Martin Bucer 1523 in Gengenbach gepredigt
haben soll, wird verschiedentlich in der neueren Literatur behauptet.47 Konkretere
Hinweise für den Durchbruch der Reformation in Gengenbach kann man
erst den Vorgängen im Jahre 1525 entnehmen, als der Rat ein Schriftstück verfaßte
, das 30 Forderungen gegenüber dem Kloster enthielt.48 U. a. solle die
Pfarrkirche St. Martin, die zu weit entfernt von der Stadt liege, in diese verlegt
werden. Der Pfarrherr und seine Helfer sollen den Zehnten erhalten, „da sie es
doch seien, welche das Gottes wort verkündigen". Die Verleihung der Pfarrei
sei Sache der Stadt, damit der Rat sie „mit geschickten, gelehrten Personen"
versehen könne.

Nach einer Gegenschrift von Abt und Konvent kam die Angelegenheit vor ein
Schiedsgericht,49 mit dessen Urteil sich der Rat jedoch nicht zufrieden gab, son-

42 G. Grimm, Geschichte der Stadt Zell am Harmersbach, in: Badische Heimat, Heft 4 (1969) S. 425.

43 Basel an Wilhelm v. Fürstenberg, 17. März 1541, Staatsarchiv Basel-Stadt, Missive 33, f. 39. (zit. bei
J. V. Wagner, Graf Wilhelm von Fiirstenberg 1491—1549 und die politisch-geistigen Mächte seiner
Zeit, Stuttgart 1966, S. 187, Anm. 57).

44 Vgl. Fuchs, a.a.O. S. 112—115.

45 Grimm, a.a.O. S. 425; Krebs, a.a.O. S. 169.

46 Über diese Vorgänge, die sich über einen längeren Zeitraum hinzogen, berichtet ausführlich: W. Frank,
Zur Geschichte der Benediktinerabtei und der Reichsstadt Gengenbach, 1525—1539, in: FDA 6 (1871)
S. 1—26.

47 So H. Neu, Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens, Lahr 1938, Bd. 2, S. 90; ähnlich meint
auch W. Andreas, a.a.O. S. 300 f., daß Martin Bucer hier „gelegentlich gepredigt" habe. Es gibt jedoch
für keine Behauptung einen Quellenbeleg.

48 Gedruckt bei Frank, FDA 6 S. 9—11.

49 ebd. S. 12—17.

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