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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 208
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0210
Brief vom 30. April 1534 an den Konstanzer Reformator Ambrosius Blaurer als
möglichen Ausweichort für die Universität des von der Pest heimgesuchten
Straßburg die Reichsstadt Gengenbach, da sie eine Stadt sei, wo man nach unserer
Art lebe.61 Drei Jahre später wird Gengenbach in einem Brief Ambrosius
Blaurers unter evangelischen Reichsstädten aufgezählt.62 Und während der
zweiten schmalkaldischen Bundesperiode (1537—1547) galt Gengenbach als evangelisch
, obwohl es dem Bund wahrscheinlich nie angehörte.«

Das Kloster gab in all den Jahren kein gutes Bild von sich ab. War doch der
von 1531—1540 amtierende Abt Melchior Horneck von Hornberg ganz in Abhängigkeit
des Ortenauer Landvogts Graf Wilhelm geraten, öfters lag der Abt
in Streit mit seinem Konvent, der wiederum zeitweise nur aus dem Prior und
einem weiteren Mönch bestand.64 Nach den handschriftlichen Klosterchroniken
soll er zum Protestantismus übergetreten sein.65 Nähere Hinweise fehlen jedoch
Auf einem undatierten Zettel, wohl im Jahre 1540, vor dem Tod des Abtes gefertigt
,66 erlaubten Abt Horneck und sein Prior Keppenbach gezwungenermaßen
, daß in Zukunft Predigt und Gottesdienst von der Pfarrkirche in die
Klosterkirche verlegt werde, die Prädikanten vom Kloster mitversorgt würden
und dort auch wohnen könnten. Mindestens seit dieser Zeit wurde also im Kloster
die neue Lehre gepredigt. Im Jahre 1541 geschah dies „jede wochen drey
tage, darinn sie auch das nachtmale haltenn".6?

Im Jahre 1536 war unter der Leitung des Theologen Matthias Erb aus Ettlingen
ein protestantisches Gymnasium eröffnet worden. Schon früher hatte der erste
evangelische Pfarrer in Gengenbach, Conrad Servitoris, einen weiteren Prädikanten
erhalten, Lucius Kyber, so daß nun mit Erb drei evangelische Theologen
in der Stadt waren.68

Von diesen hören wir im Jahre 1538 in einem besonderen Zusammenhang. Sie
richteten im Januar an den Rat der Stadt ein Schreiben und schlugen diesem
eine Kirchen- und Zuchtordnung vor. Dem am 14. Juni 1538 dem Rat überreichten
Vorentwurf, den „Articuli", folgte bald die eigentliche Gengenbacher Kirchenordnung
.69

Im ersten Schreiben können wir von dem „herrlichen auffgang des Euangeli-
ums" hören, was sicher ein Hinweis auf den Erfolg bedeutet, den die neue
Lehre in der Stadt zu verzeichnen hatte. Wie stark jedoch das Ausmaß der
Reformation in Gengenbach im einzelnen war, wie viele Bürger der Stadt sich
zur neuen Lehre bekannten, oder wie das Verhältnis zwischen Anhängern der
alten und der neuen Lehre in den umliegenden Tälern und Zinken war, die

61 „Est vicinum nobis oppidum Gengenbacum, ubl vivitur nostro more, coeli saluberimi." in: Briefwechsel
der Brüder Ambrosius und Thomas Blaurer, 1509—1548, hrsg. von der Bad. Hist. Komm.,
bearbeitet von T. Schieß, Bd. I, Freiburg 1908, Brief Nr. 417, S. 493.

62 Bender, a.a.O. S. 14.

63 E. Fabian, Die Beschlüsse der oberdeutschen Schmalkaldischen Städtetage, 3. Teil 1533—1536, Tübingen
1960, S. 21—28.

64 Uber Abt Melchior vgl. Frank, FDA 6, S. 20—21; Ruppert, Beiträge zur Geschichte des Klosters Gengen-
bach, ZGORh 33 (1881) S. 128—131; über sein sittliches Leben, „„sin frauwenzimmer" und „concubin"
vgl. die Klagen des Priors über den Abt 11. Juni 1532 (ebd. S. 138—139).

65 „Melchior de Horneck, . . . turpis factus apostata. Obiit 1540, et quia in apostasia interiit, nomen
ejus in mortuario non invenitur." in: J. G. Mayer (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte des Klosters
Gengenbach, in: FDA 16 (1883) S. 165.

66 Frank, FDA 6, S. 17 und Beilage II, S. 24—26.

67 Bericht des Straßburger Bischofs Wilhelm an König Ferdinand: GLA 202/441 1541 März 28.

68 Nach E. W. Kohls, Evangelische Bewegung und Kirchenordnung, Karlsruhe 1966, S. 19 dürfte Lucius
Kyber bereits 1525 in der Stadt gewesen sein, da einer seiner Söhne, der spätere Professor David Kyber
, 1525 in Gengenbach geboren sei.

69 Kirchenordnung, „Articuli" und das Schreiben der Prädikanten sind von Kohls, ebd. S. 25—46 ediert
worden. Mehr über die Kirchenordnung s. u. Kap. IV.

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