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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 211
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das städtische Schulwesen zu entfalten begann. Doch schon unter seinem Nachfolger
Dionysius Reuchlin ab 1538 ging es mit der Schule wieder bergab. Das
Kloster gewann schließlich 1550 einen Prozeß gegen die Stadt auf Herausgabe
der Schule. Aus der bald folgenden Bestallungsurkunde für einen neuen Schulmeister84
geht hervor, daß die Schule inzwischen in den Dienst der Gegenreformation
getreten war.

2. Wirtschafts- und machtpolitische Verhältnisse während der Reformationszeit
in Gengenbach

Der sich durch das gesamte Mittelalter hinziehende wirtschafts- und machtpolitische
Streit zwischen Kloster und Stadt Gengenbach fand auch in der Reformationszeit
kein Ende. Es stellt sich nun die Frage, ob dieser Sachverhalt
für die Reformation von Bedeutung werden konnte, ob Einführung und Erfolg
der Reformation in Gengenbach von politischen und wirtschaftlichen Faktoren
positiv oder negativ beeinflußt wurden.

Bernd Moeller hat in seiner Untersuchung über das Verhältnis von Stadt und
Reformation85 nachzuweisen versucht, daß in den Reichsstädten nicht so sehr
politische und wirtschaftliche Gründe die Einführung der Reformation mitbestimmt
hätten, sondern daß vielmehr gerade die „Verbindung der reformatorischen
Forderungen mit sozialen und wirtschaftlichen Reformwünschen" den Erfolg
der Reformation „eher gehemmt als beschleunigt" hätte. Diese These Moeliers
blieb jedoch nicht unwidersprochen.

In Gengenbach ist vor und während der Einführung der Reformation eine Verschärfung
des Konfliktes zwischen Kloster und Stadt festzustellen. Wie in den
vorausgegangenen Jahrhunderten stritt man sich auch jetzt um meist konkrete
materielle Dinge: um Güter- und Leibfälle, Allmende, Zinsen etc., oder auch um
die Schule.86 Daß der Stadt die reiche Abtei stets ein Dorn im Auge war, wird
an den wiederholten städtischen Versuchen deutlich, sich am Klosterbesitz zu
bereichern. Der Rat beteiligte sich im Februar 1525 an dem Plan des Grafen
Wilhelm, das Kloster zu säkularisieren.87 Und wenig später beschließen Rat und
Gemeinde, das Kloster an sich zu reißen. Das Reichsregiment vereitelte jedoch
im September die Pläne von Graf und Stadt.88

Daß aber die Stadt ihre Hoffnung nicht aufgab, den Einfluß des Klosters zurückzudrängen
, die Abgabenverpflichtungen abschaffen und die Abtei städtischer
Macht und Kontrolle unterwerfen zu können, davon zeugen die 30 Forderungen
des Rats an das Kloster im Jahre 15 25.89 Neben der Frage der Verlegung
und Besetzung der Pfarrei St. Martin erscheinen besonders folgende
Punkte gewichtig: Die Abtei solle der Stadt zu einem billigen Preis Wasser,
Weide, Wald, Feld und Allmende überlassen, die dem Kloster zum Teil ganz
gehörten. Da die Stadt sehr klein sei, und die Abtei über ein Drittel darin besitze
, dürfe kein Klosterangehöriger außerhalb des jetzigen Klosterbezirks
wohnen oder bauen. Die dem Kloster durch das Fallrecht zufallenden Häuser und
Güter sowie die verödeten Hofstätten müßten innerhalb eines Jahres an Bürger
verkauft werden. Die Klostereinnahmen sollen der Steuer unterworfen sein.
Die „Stiftsherren" hätten sich den für die ganze Stadt geltenden Satzungen des
Rats zu unterwerfen und würden bei Zuwiderhandeln vom Rat bestraft werden
. Die dem Spital im Kloster zustehenden Gefälle seien für die Armen zu

84 Gedruckt bei Mone, Schulwesen vom 13. bis 16. Jahrhundert, in: ZGORh 1 (1850), S. 300—301, allerdings
mit falscher Jahreszahl.

85 B. Moeller, Reichsstadt und Reformation, a.a.O. S. 20—22.

86 Vgl. z. B. nur die zahlreichen Urkunden und Verträge der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Re-
pertorium GLA 30/ Stadt und Stift Gengenbach, mit denen Streitigkeiten zwischen Kloster und Stadt
beigelegt wurden.

87 S. u. und Frank, FDA 6, S. 3—5.

88 GLA 30/91 1525 Mai 9; GLA 30/47 1525 Sept. 30 und GLA 30/22 1525 Sept. 30.

89 s. oben; Frank, FDA 6, S. 8—11 und 23—24.

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