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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 225
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0227
Die evangelischen Geistlichen des Kinzigtals erklärten sich am 9. August 1538
bereit, die kaiserliche Deklaration „gantz gehorsamlich" zu halten, von der
Messe wollten sie allerdings befreit sein. Sie würden sich in der Predigt zurückhalten
und nicht gegen die kaiserlichen Anordnungen reden.144 Graf Friedrich
war damit aber nicht zufrieden und verlangte, daß sich die Prädikanten dem
Interim ganz unterwerfen und die Messe nicht ausschließen dürfen.145

Ab 1549 mußte dann Friedrich die Durchführung des Interims offener betreiben
, um beim Kaiser kein Mißfallen zu erregen. Dies geschah aber auch jetzt
nicht mit übertriebener Strenge. Eine sofortige und genaue Handhabung der
Bestimmungen war unmöglich, da nicht genug Priester vorhanden waren. Unterstützung
durch die Bischöfe von Konstanz oder Basel war kaum denkbar,
die Klöster waren entweder unterbesetzt oder aufgehoben. Dem Grafen gelang
es im Sommer 1549, den Pfarrer von Donaueschingen für einige Zeit in die Kinzigtalstadt
Wolfach zu schicken, damit dieser dort die Messe lese, wie es dem
Interim gemäß war.146

Ab 1550 begann dann Friedrich mit der Rekatholisierung in der Herrschaft
Kinzigtal, wobei er auch jetzt noch ein rigoroses Vorgehen gegen die Protestanten
vermied. Während er die Pfarreien allmählich wieder mit katholischen
Priestern besetzte, erlaubte er den evangelischen Untertanen weiterhin, sich
Von Prädikanten benachbarter Gebiete seelsorgerlich betreuen zu lassen.147

In der Landvogtei Ortenau nahm die Rückkehr zur katholischen Kirche einen
schnelleren Verlauf. Der Obervogt der Ortenau, Hans Mußler, hatte von Graf
Friedrich den Befehl erhalten, am 30. Juli 1548 das Interim in der Landvogtei
durchzuführen.148 Mußler glaubte aber, daß in dieser Frage auch der Straßburger
Bischof als Mitinhaber der Pfandschaft Ortenau konsultiert werden
sollte. Der Bischof äußerte daraufhin, daß er „das interim anzunemmen nit
befelhen kenne", da er als Angehöriger der alten Religion diese zu vertreten
habe. Wenn Graf Friedrich die alte Lehre wieder einführe, werde er dabei
gerne behilflich sein. Sobald die Untertanen die alte Religion wieder angenommen
hätten, würden die Prädikanten sich „von dannen" begeben, so daß es keiner
großen Bemühung um sie bedürfe.149 Obwohl Friedrich also auch in der
Landvogtei das Interim schonend einführen wollte, sah er doch zugleich die Gefahr
, daß er die Pfandschaft Ortenau für sein Haus verlieren könnte, würde er
hier nicht rigoros durchgreifen. Deshalb entschloß er sich, in der Ortenau den
katholischen Glauben ohne Interimsbestimmungen wieder einzuführen.

In einem Schreiben des Grafen an seinen Obervogt vom 4. August 1548 erklärte
sich Friedrich mit dem Straßburger Bischof Erasmus einer Meinung und beauftragte
Mußler, mit dem Bischof Verhandlungen aufzunehmen. So kam es am
29. August in Achern zu einem Treffen zwischen fürstenbergischen und bischöflichen
Delegationen. Aus dem Protokoll der Tagung150 geht hervor, daß beide
Seiten übereinkamen, nach des kaiserlichen „will und meynung" von den „fürgenommenen
neuerungen widerumb zu der alten, waren Christlichen religion"
zurückzukehren. Die erschienenen Prädikanten von Achern, Appenweier, Windschläg
und Ottersweier wurden nach ihrer Meinung gefragt. Da sie es mit ihrem
Gewissen nicht vereinbaren konnten, die lateinische Messe wieder zu lesen, hat
man es ihnen erlaubt, „das sy hinziehen, wo sy gern hin gedechten". Die Prädikanten
verabschiedeten sich daraufhin.

Graf Friedrich hat das Ziel seiner Religionspolitik in der Ortenau nicht erreicht.
1551 wurde den Fürstenbergern die Pfandschaft Ortenau genommen, die an die

144 Ebd. Beil. VI, S. 31/32; 1548 August 9.

145 Ebd. Beil. VIII, S. 34; 1548 August 20.

146 MFFA I, Nr. 674, S. 469/470; 1549 Juni 26.

147 Thoma, a.a.O. S. 45.

148 GLA 119/1129; vgl. auch Batzer, a.a.O. S. 67.

149 Batzer, ebd. S. 68.

150 Ebd. S. 70—72.

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