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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 299
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blatt" am 10. November 1930 auf eine knappe, sehr allgemein gehaltene
Wiedergabe von Hitlers Rede und enthielt sich dabei jeden kritischen
Kommentars. — Um so entscheidender für die Frage, wie Hitlers erster
Auftritt als Politiker in der Ortenau aufgenommen wurde, sind daher
zwei Berichte der „Offenburger Zeitung", die dem Zentrum nahestand.
Sie enthüllen eine äußerst aufschlußreiche Spaltung der Redaktion in
Gegner der NSDAP und Vertreter einer Auffassung, die Hitler als den
gemäßigten Exponenten innerhalb einer weitaus radikaleren Umgebung
vermuten.10 Hatte man am 10. November 1930 Hitlers Weigerung, bei seiner
Offenburger Rede zur Tagespolitik Stellung zu beziehen, noch scharf
kritisiert,11 so lautete die sehr verständnisvolle Erklärung in der Ausgabe
des folgenden Tages, daß mit Hitlers Besuch ein langgehegter
Wunsch der Offenburger Ortsgruppe in Erfüllung gegangen sei, „den
Führer einmal in der Ortenau sprechen zu lassen".12 Der Verfasser des
letzteren Artikels erkannte dabei zurecht, daß eine nach dem Führerprinzip
aufgebaute Partei vor allem von dem Charisma ihres Anführers
abhinge. Bei einem ersten Zusammentreffen sei daher weniger die Sachaussage
als der unmittelbare Seh- und Hörkontakt zu Hitler für den Anhänger
wichtig.

Weitere Abschnitte des zweiten Berichts dieser Zeitung zeigen dann aber
mit aller Deutlichkeit das Unvermögen eines „national" eingestellten
Deutschen um 1930, sich in seinen politischen Erwartungen deutlich genug
von Hitlers Partei abzusetzen. Hierin bestand das Dilemma der bürgerlichen
Parteien der Weimarer Republik: in der vermeintlichen gemeinsamen
Abwehrhaltung gegenüber den Bestimmungen von Versailles
wurde übersehen, daß Hitlers außenpolitische Absichten nicht nur weit
über die traditionellen revisionistischen Zielsetzungen hinausgingen, sondern
vor allem auch qualitativ etwas ganz anderes darstellten als bisherige
europäische Großmachtpolitik.13 So kann das Urteil des Redakteurs
der „Offenburger Zeitung" nicht überraschen, daß Hitler „ein ausgezeichneter
Redner (sei), dessen Stärke darin liegt, auf unanfechtbaren
Tatsachen aufzubauen". Und: „Wer einen Demagogen zu hören hoffte,
wurde enttäuscht". Hitler werde als Person „bestimmt bei allen Zuhörern
Sympathien geweckt haben". Im Gegensatz zu Gecks Eindrücken lautete
eine weitere Feststellung, daß Hitler einen „einfachen, klaren Stil (habe;
er) vermied geflissentlich Schlagworte und hohle Phrasen und ließ sich
nur ab und zu zu einer gewissen, aber nicht übertriebenen Begeisterung
in seiner Rede hinreißen.

10 Dazu: A. Tyrell: Vom ,Trommler' zum ,Führer'. Der Wandel von Hitlers Selbstverständnis zwischen
1919 und 1924 und die Entwicklung der NSDAP. München 1975.

11 Offenburger Zeitung, Nr. 259 vom 10. 11. 1930 — vgl. Anm. 34.

12 Ebda., Nr. 260 vom 11. 11. 1930.

13 Vgl. S. 7 f., 14 ff.

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