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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 307
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0309
durch das Ausziehen von Hemden und derartigen Dingen mehr, diese Bewegung
noch einmal brechen könnte.32 Sie verstehen das wohl auch deshalb
nicht, weil sie selbst eingeengt sind in ihre Parteivorstellungen und keinen
Blick hineintun in das, was uns bewegt, und schließlich auch, weil sie das
nicht wissen wollen, was uns erfüllt, weil sie von vornherein uns nicht nur
ablehnend gegenüberstehen, sondern weil sie sich jeder besseren Erkenntnis
verschließen. So wollen wir denn als die Prediger dieser neuen Überzeugung
uns nicht an die wenden, die von vornherein eines bösen Willens sind und
gar nicht hören wollen, was wir zu sagen zu haben, sondern wir wenden uns an
das Volk, an das unbeeinflußte Volk, das noch nicht mit Vorurteilen beladen
ist, und zum Teil noch gar keine Uberzeugung besitzt.33

Wir stehen heute in einer Periode der Ernte dessen, was Jahrhunderte in unser
Volk gesät haben, was unser Volk vergiftet hat, was aus ihm innere Stützen
herausbrach, schon in Zeiten, in denen diese innere Zerstörungsarbeit nur
den Wenigsten sichtbar war.

Die große Masse hat gar keine Vorstellung davon, daß es mit einer der Aufgaben
unseres heutigen politischen Lebens ist, dieser Masse gegenüber die
Dinge zu komplizieren, daß sie möglichst wenig klaren Einblick erhält. Man
wird sagen, eine Demokratie besitzt die Souveränität des Volkes und in Wirklichkeit
weiß es nur ein Bruchteil des Volkes, um was gekämpft wird und in
welchen Diensten sie nun stehen. Nur ein kleiner Bruchteil kann es abmessen,
was das Ergebnis seines politischen Handelns ist.

Und da treten wir alle vor die Massen hin, in einer endlosen Flut von Vorträgen
, von Versammlungen, nicht etwa nur vor einer Wahl, sondern tagaus,
tagein, seit über 10 Jahren, in guten und schlimmen Zeiten, und wir haben in
10 Jahren es fertiggebracht, daß aus einer Handvoll Menschen über sechs Millionen
geworden sind, und es werden heute schon über acht Millionen sein.
Ich glaube, Sie werden von mir nun nicht erwarten, daß ich heute Stellung
nehme zu all den Tagesfragen, die unseren politischen Gegnern als maßlos
wichtig erscheinen,3« weil sie wissen, daß man damit die Masse betören und
spalten kann, sondern daß ich Ihnen ein Bild dessen gebe, was uns einst alle
bewegt und getrieben hat, diese Bewegung zu gründen ...

Im Jahre 1918, da sah der eine oder der andere nur eine augenblickliche Katastrophe
vor sich. Es gab Menschen, die damals mehr sahen. Wir, ich rechne
mich unter diese, wir haben es empfunden, daß unser Volk in einen Wendepunkt
eingetreten ist, daß sich unser Schicksal entscheidet für hundert oder
zweihundert Jahre, vielleicht auch für immer: denn es ist nicht so, daß ein
Volk nicht zugrunde gehen kann. Nach einer Zeit der Erschlaffung der Kraft
traten wir in eine neue Periode der Menschheit ein, und es ist in solchen Zeitläufen
möglich, daß ein Volk genau so wie die Völker der Vergangenheit spurlos
verschwindet. Es wird überlagert mit anderen Rassen, anderen Völkern
und geht dann geschichtlich unter. Dagegen bäumt sich in jedem gesunden

32 Damit meint Hitler offensichtlich das Verbot der NSDAP vom 23. 11. 1923, das wegen des Münchner
Putschversuches ausgesprochen wurde. Am 27. 2. 1925 wurde die in mehrere rivalisierende Gruppen
zerfallene Partei von Hitler erneut gegründet.

33 Eine bemerkenswert geringschätzige Beurteilung des politischen Reifegrades der Zuhörerschaft.

34 Angesichts der Sachfragen, die bei einer Gemeindewahl im Vordergrund stehen sollten, einerseits ein
erstaunlicher Verzicht, andererseits Indiz dafür, wie stark die Emotionalisierung bei Wahlkämpfen
bereits vorangeschritten war. — Diese Passage wurde übrigens auch von der „Offenburger Zeitung"
bemängelt — Nr. 259 vom 10. 11. 1930: „Mit dieser Geste verstand es Hitler, an den Problemen
vorbeizugehen, deren Lösung über Aufstieg oder Niedergang unseres deutschen Volkes entscheidend
sind".

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