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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
58. Jahresband: Die Klöster der Ortenau.1978
Seite: 610
(PDF, 129 MB)
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Anwesen zu kaufen und auszubauen, das ihren Vorstellungen gerecht
wurde. Der Entschluß fiel ihr nicht leicht; denn in dieser Zeit verließ
Pfarrer Fink die Gemeinde, um die Leitung der Heil- und Pflegeanstalt
Illenau zu übernehmen. Auch gab es Schwierigkeiten .mit der Schulaufsichtsbehörde
, die nicht recht wußte, wie sie die Arbeit der Frau Jolberg
einordnen und beurteilen sollte. Nach dem Einzug ins neue Anwesen
bildeten sich allmählich eine feste Ordnung im Tageslauf und die
Methodik der später so weit verbreiteten Kinderpflegearbeit aus. 1844
kam es zu der Idee, die in Leutesheim begonnene Arbeit übers ganze Land
auszuweiten, damit auch in anderen Dörfern die Kinder im Namen Jesu
versammelt, betreut und unterwiesen werden könnten. Bei der Verbreitung
und Verwirklichung dieser Idee spielten das christliche Volksblatt
„Das Reich Gottes" und sein Herausgeber Karl Mann5, damals Pfarrer in
Hochstetten, eine entscheidende Rolle. Frau Jolberg nahm noch im
gleichen Jahr sechs Mädchen aus verschiedenen badischen Gemeinden
in ihr Haus auf, um sie in ihre Arbeitsweise einzuführen und ihnen das
nötige Wissen zu vermitteln. Nach gut einjährigem Aufenthalt wurden
sie in die Gemeinden entsandt, die zur Einrichtung einer „Kinderpflege"
bereit waren. Als erste verließ 1845 Luise Frick das Haus, um in Durlach
die Arbeit aufzunehmen. Die nächsten Kinderpflegen wurden in Mühlhausen
, in Reihen, in Bretten, in Dundenheim und in Friedrichstal
errichtet.

Aus dem häuslichen Zusammenleben von Frau Jolberg, ihren Töchtern,
ihrer Pflegetochter und den künftigen „Kinderpflegerinnen" entwickelte
sich bald eine geistliche Gemeinschaft mit einer selbstentworfenen
Regel, aus der dann im Laufe der Jahre und Jahrzehnte die festgefügte
Nonnenweierer Schwesternschaft hervorging. Als man einmal einen
Ballen Tuch geschenkt bekam, wurden gleichartige Schürzen für alle
Mädchen daraus geschneidert, woraus sich dann die spätere gemeinsame
Tracht entwickelte.

Nach wenigen Jahren des stetigen Fortgangs des jungen Werkes kam es
zu einer bedrohlichen Krise. Der revolutionäre Geist, der damals
allenthalben im Lande Unruhe und Auffuhr hervorrief, fand auch in
Leutesheim Eingang und gebärdete sich recht unfreundlich gegen Frau
Jolberg und ihr vom Geist der Erweckungsbewegung getragenes Werk. Als
die Revolution zunächst die Uberhand gewonnen hatte, wies man Frau
Jolberg mit ihren Mädchen aus der Gemeinde. Die Gruppe fiel aber nicht
auseinander, sondern floh gemeinsam nach Langenwinkel bei Lahr, wo
sich die Wirtin des Gasthauses zum „Pflug", Frau Steinhauser, schon
früher erboten hatte, Frau Jolberg und ihr Werk bei sich aufzunehmen,
wenn es einmal nötig sein sollte. Unter beengten und ungünstigen

5 1806-1869: Badische Biographie II (Heidelberg 1875) 39.

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