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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 61
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sehr zurückschauert. Nein, es ist die Hörigkeit der Zivilisation, welche in
dem lockeren Taglöhnerverhältnis dem Arbeiter gar keine Sicherheit
gewährt, ihn zur Beute der Laune und des Geschickes seines Herrn und
der Wechselfälle macht. Hatte doch der Hörige des Mittelalters mit dem
Herrn gemeinsam über sich den heiteren und erheiternden Himmel und
unter sich die treue, beide nährende Erde. Der Fabrikarbeiter ist aber
nicht bloß der Leibeigene eines Herrn, er ist der Leibeigene der Maschine,
die Zubehörde einer Sache. So muß die gefeierte Gesittung unserer Tage
gleichsam als Sühne für ihre Bändigung der Natur der Knechtschaft
einer ganzen Menschenklasse erlegen. Was hilft dem Arbeiter die Freiheit
der Aufkündigung, dieser Wechsel der Lohnsklaverei? Um leben zu
können, muß er arbeiten: nicht immer findet er alsbald Arbeit in einer
anderen Fabrik; bei der größten Abgewandtheit seines Gemütes von
seinem Brotherren bleibt er an dessen Geschäft gefesselt, und sah man
nicht oft Fabrikherrn zum Zwecke gemeinsamer Herabdrückung des
Lohnes sich verbünden?"

Dies als eine Kostprobe aus der Bußschen Fabrikrede, die jedoch gerade
in den Teilen der Analyse der Lage der Fabrikarbeiterschaft sehr weit,
fast wörtlich abhängt von der 1835 veröffentlichten Studie Robert Mohls
„Über die Nachteile, welche sowohl den Arbeitern selbst, als dem
Wohlstande und der Sicherheit der gesamten bürgerlichen Gesellschaft
von dem fabrikmäßigen Betriebe der Industrie zugehen, und über die
Notwendigkeit gründlicher Vorbeugungsmittel". Büß antwortet auf die
ökonomische und soziale Wirklichkeit mit dem Programm einer totalen
Sozialreform, wobei er sich für eine weitgehend landwirtschaftliche und
handwerkliche Wirtschaftsverfassung einsetzt und die Ausdehnung der
Industriewirtschaft in ganz engen Grenzen halten will. Die Expansion
der Industrie besitze eine Naturgrenze, die zu überschreiten bedeuten
würde, die Gesellschaft zu desorganisieren. Staatliche Rechts- und
Wirtschaftspolitik muß die Agrarwirtschaft ausweiten und fördern, dem
Handwerk einen ausreichenden Spielraum gewähren und die soziale
Stellung des Industriearbeiters durch Förderung der Selbsthilfe sowie die
Entwicklung einer Arbeiterschutzgesetzgebung verbessern.

Man hat nun immer wieder eingewendet, Büß sei mit der Forderung nach
einer Fabrikpolizeiordnung dem Entwicklungsstand der badischen
Fabrikindustrie nicht gerecht geworden, da gerade in Baden in jenen
Jahren erst die Anfänge einer Industrialisierung zu beobachten gewesen
seien. Vielmehr habe sich Büß politisch profilieren wollen und dabei
einen Sektor herausgegriffen, der bei den seinerzeit führenden liberalen
Politikern vernachlässigt gewesen sei, eben das Verhältnis Staat zu
Wirtschaft und Gesellschaft. Sicher wird man das Bestreben von Büß,
sich auf der politischen Bühne nicht mit einer Statistenrolle zufrieden zu
geben, sehen müssen, aber für einen scharfsichtigen Beobachter der

fil


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