Freiburger historische Bestände - digital

daß - wie die nachgelassenen Notizen ausweisen15 - der junge Engelberg,
der gleichsam in der Lehre als Redner war, mehrmals auf die „unendlichen
Verdienste" Ferdinand Lassalles hinwies. Hier können wir mit
gutem Grund den Einfluß der beiden Seuberts vermuten, die wahrscheinlich
- wie fast alle organisierten Zigarrenarbeiter - Lassalleaner waren.16
Am 20. März machte Wilhelm Engelberg eine Feier zum Andenken an
„die Pariser Kommune und an 1848/49 (zugleich an die übrigen Aufstände
in Baden, Polen, Italien und Ungarn)" mit. „Franz Seubert hielt die
Festrede, ich und noch 2 Mitglieder deklamierten passende Gedichte."

Wenige Monate nach seinem ersten Auftreten war der junge Engelberg
schon auf einen kämpferischen Lassalleanismus eingeschworen; in
einem Vortrag im nahen Frauenfeld, im Kanton Thurgau, wies er schon
mit den ersten Sätzen darauf hin, daß Ferdinand Lassalle „auf
bedeutende Hindernisse seitens der Regierung resp. der Polizei" stieß;
„denn diese wußte wohl, daß wenn sich die Arbeiter zusammenscharten
und sich gegenseitig unterrichten und belehren, der Herrschaft der
Kapitalisten eine bedeutende Schranke gesetzt sei. Die Hindernisse,
welche den Arbeitern in den Weg gelegt wurden, waren der Art, daß diese
den Mut hätten sinken lassen müssen, wenn sie eben nicht gerade durch
ihre Einigkeit in Bezug auf die weitere Bildung in Vereinen in allen
größeren Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz weiter
gearbeitet hätten." Der Frauenfelder Vortrag berichtete auch über
verschiedene tumultuarische Versammlungen, in denen Ferdinand
Lassalle der Polizei ebenso trotzte wie den Anhängern der liberalen
Fortschrittspartei. Der Buchbindergeselle Engelberg war ein begeisterter
Lassalleaner geworden.17 Das ging auch indirekt aus einem kleinen
Notizzettel mit Stichworten zur Geschichte der Arbeiterbewegung
hervor; sie waren offensichtlich für Rednerzwecke mit senkrecht
angebrachten Strichen gut sichtbar voneinander getrennt. Notiert
waren u. a.: „französische Revolution/ Gewerbefreiheit/ die Vereine 1835
zu Paris und 1845 englische National-Association/ Gesellenbildungsvereine
und das Jahr 1848/ Wirken kleinerer Vereine wie der unserige" ...
usw.18 In dieser Aufstellung fehlten der „Bund der Kommunisten" und -
was noch bezeichnender ist - die „Internationale Arbeiter-Association"
(die Erste Internationale). Das beweist, daß im Deutschen Arbeiterverein
zu Winterthur, noch nach der Vereinigung der Lassalleaner und der
Eisenacher, vom Marxismus nur wenig zu spüren war. Wenn in diesem
Verein auch einmal der frühere „Eisenacher" und Reichstagsabgeordnete
Ignaz Auer sprach, dann war dies nur ein Zeichen dafür, daß die

15 StAH. Mappe 2, lose Notizblätter.

16 Vgl. Ulrich Engelhardt. ..Nur vereinigt sind wir stark". Die Anfänge der deutschen Gewerkschaftsbewegung.
Stuttgart 1977. Aus: Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte, hrsg. von Werner Conze. Bd. I.S.
267 ff., insbesondere S. 277. 281 u. 291.

17 StAH, Mappe 2, lose Notizblätter.

18 Ebda.

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