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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 87
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und oben im Versammlungszimmer des ersten Stocks ein großes Bild des
großen August Bebel, auch Preisurkunden des Turnvereins und die
schwarzrotgoldene Seidenfahne, wo das Gold noch wirklich golden war.
Vor der Eingangstür stand der Schrank mit Büchern, die dem Lesebedürfnis
der Haslacher Mitglieder der Sozialdemokratie dienten. Die Gastwirtschaft
zum „Aiple-Franz", die heute noch in der Metzgergasse
existiert, hieß im Volksmund die „Revolutionsbeize". Trotzdem kehrten
viele Bauern, wenn sie an den Tagen des Wochenmarkts aus den
umliegenden (heute teilweise eingemeindeten) Dörfern nach Haslach
kamen, gerne im Lokal des Franz Aiple ein. Warum eigentlich?

Obwohl er, wie manche Ackerbürger, innerhalb und außerhalb der
ehemaligen Stadtmauern Haslachs bis in unser Jahrhundert hinein,
Kühe und Schweine in seinen Ställen hatte und Feld und Wald besaß, so
zählte er bei den Bauern doch nicht als richtiger Bauer und wollte es auch
nicht sein. Was sie zum Aiple-Franz zog, war seine Person; dieser kleine
und etwas dickliche Mann, gelernter Bierbrauer, war Gastwirt mit Leib
und Seele. Er hatte zwar kein aufgesetztes Lächeln, war eher ein
Brummbär, der den einen oder andern Gast mit sarkastischen Bemerkungen
bedachte. Aber sonst ließ er fünfe gerade sein, gewährte seinen
Gästen volle Maulfreiheit, auch ihm gegenüber. Hier fanden sich auch
jene humorigen Meisterlein ein, die sich von der Konkurrenzpeitsche
noch nicht antreiben ließen und also gerne der Arbeit aus dem Wege
gingen; ein Vorwand zum lustigen Bechern fand sich allemal. Alles in
allem, beim Aiple-Franz konnten sich alle unbeschwert geben und reden,
wie ihnen der Schnabel gewachsen war - und gut, versteht sich, war auch
das Bier.

Aus diesem eigenartigen Volksmilieu, in dem kleine Geschäftsleute,
Handwerker, Bauern und Arbeiter miteinander verkehrten, bekam
Wilhelm Engelberg Anregungen; in den 90er Jahren war er j a Korrespondent
des Offenburger und später Karlsruher „Volksfreund". Damals
arbeitete er auch als Buchbinder für den Pfarrer und Volksschriftsteller
Heinrich Hansjakob, der in seinen Tagebuchblättern „Im Paradies",
womit er Hofstetten meinte, über den „Gewerbsmann" Engelberg u. a.
folgende Betrachtungen anstellte: „Er ist ein junger, intelligenter,
fleißiger Mann, aber - Sozialdemokrat." Und er fuhr dann fort: „In
meinem Geburtsort gibt es eine kleine Anzahl besserer Bürger, die sich
offen zu den Sozialdemokraten zählen. Was mir dabei gefällt, ist, daß
diese Leute kein Hehl aus ihrer Gesinnung machen, und daß andererseits
die übrigen Haslacher sie in dieser Parteinahme völlig unbehelligt
lassen.

Wundern tut es mich aber gar nicht, daß es auch in Hasle nicht an
Sozialdemokraten fehlt. Die Demokratie hatte hier von jeher ihre

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