Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 94
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0096
Revolution, die ein halbes Jahrhundert vorher Deutschland bewegte und
in Baden ihr tragisches Ende fand; sie sammelten Unterschriften
zugunsten der Errichtung einer Gedenkstätte in Rastatt. Immer wieder
scheint durch den Sozialismus dieser Handwerker als Substanz ihres
Denkens und Handelns ihr sozusagen bodenständiges Demokratentum
hindurch.

Es nährte sich auch vom Musischen her. Als der sozialdemokratische
Landtags- und Reichstagsabgeordnete Adolf Geck in Offenburg wieder
einmal Schillers „Wilhelm Teil" inszenierte und selbst die Titelrolle
spielte, holte er sich aus Haslach Wilhelm Engelberg als Stauffacher.
Gewiß brachte es dieser bei weitem nicht zu jenen Spracharien, an denen
er sich gelegentlich bei berühmten Gastspielen im Straßburger Stadttheater
berauschte; aber er wußte die Stauffacher-Worte von der Grenze
der Tyrannenmacht und von den ewigen Rechten, die droben hangen
unveräußerlich und unzerbrechlich wie die Sterne selbst, mit innerer
Begeisterung zu sprechen. Solche Laienspiele bewiesen Rosa Luxemburgs
richtiges Verständnis, die 1905 schrieb, daß die Worte und Sprüche,
die Schiller geprägt, zur Form wurden, in der die deutsche Arbeiterschaft
„ihren Idealismus zum schwungvollen Ausdruck" brachte.41 „Schwungvoll
" und nicht unterkühlt, wie es eine zweifelhafte Modernität verlangt,
verlangt.

Die ideologische und musische Überhöhung radikal-demokratischer
Bestrebungen war für die sozialdemokratischen Handwerker und
kleinen Geschäftsleute auch eine Art Lebenshilfe. Nur dadurch konnten
sie manchen Anfeindungen und geschäftlichen Nachteilen trotzen; so
einträchtig ging es nämlich in Haslach, wie Heinrich Hansjakob
wohlmeinend schrieb, doch nicht zu. Bald waren sie noch andersartigen
Spannungen ausgesetzt. Die Dynamik der gesellschaftlichen und politischen
Verhältnisse innerhalb und außerhalb Deutschlands mit ihrer
Verschiebung der Interessenlagen brachte auch Differenzierungen und
Differenzen in Parteien und Organisationen hervor. Innerhalb eines
gesamtgesellschaftlichen Prozesses wurde die Sozialdemokratie immer
mehr zu einer Partei des Industrieproletariats, dessen Gegenwarts- und
Zukunftsinteressen sich auch ideologisch manifestierten und zugleich
differenzierten. Auf die Dialektik des Widerspruchs zwischen
Gegenwarts- und Zukunftsinteressen innerhalb der Sozialdemokratie
können und brauchen wir hier nicht einzugehen. Nur soviel: Auch in
Haslach nahm seit der Jahrhundertwende die Industriearbeiterschaft zu;
damit begann für die sozialdemokratische Lokalorganisation eine
besondere Problematik.

41 Aus einer Rezension der Schrift von Franz Mehring. ..Schiller. Ein Lebensbild für deutsche Arbeiter", erschienen in
der Schillernummer der „Neuen Zeif, 1904/1905. Bd. II.

94


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0096