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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 99
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0101
Der Herausgeber der „Schwarzwälder Volksstimme"

Im Sommer 1904 übernahm Wilhelm Engelberg eine kleine Druckerei, in
der ein bis dahin farbloses Blättchen, die „Schwarzwälder Volksstimme",
herauskam. Er fühlte sich in hohem Maße dazu gedrängt, weil die
Zentrumspartei drauf und dran war, Druckerei und Verlag zu kaufen;
daher rechnete er von vornherein mit „klerikaler Gegnerschaft".51 „Ich
werde mit frischem Mut ans Werk gehen", schrieb er an einen Freund,
„und denken wie Ulrich v. Hutten: ,Ich hab's gewagt'."52 Aus dem
Buchbindermeister Engelberg wurde so zudem ein Buchdruckereibesitzer
; aus einem Korrespondenten wurde ein Redakteur. Er entfaltete eine
geschäftliche, gesellschaftliche und politische Tätigkeit, die in ihrer
Vielgestaltigkeit nur ein Meister der Zeiteinteilung und der Koordinierung
von körperlicher und geistiger Arbeit bewältigen konnte. Neben der
Buchbinderwerkstatt, dem Papier- und Buchladen und der Buchdruckerei
darf das photographische Atelier nicht vergessen werden. Engelbergs
photographische Tätigkeit vermehrte seinen Kontakt mit den verschiedenen
Schichten des Volkes, gleichgültig, ob beispielsweise die Bauernpärchen
zu ihm ins Atelier kamen oder ob er auf die Bauernhöfe ging, um
dort ganze Hochzeitsgesellschaften auf die photographische Platte zu
bringen.

Die Hauptsorgen verursachten Druckerei und Verlag. Im Jahre 1906
hatte er auch noch einen Streit mit dem Buchdruckerverband zu
bestehen; dies war insofern symptomatisch für das Verhalten der
Gewerkschaften in jener Zeit, als diese - sozusagen dem Gesetz des
geringsten Widerstands folgend - Streiks vornehmlich in Handwerks-,
Klein- und Mittelbetrieben organisierten und nicht in jenen Groß- und
Mammutbetrieben, die den stärksten Einfluß auf die Außen- und
Innenpolitik des preußisch-deutschen Reiches hatten.5' Mit einer solchen
fast überall in Deutschland angewandten Taktik wurden gerade
viele Handwerker verprellt.

Wilhelm Engelberg war immer bestrebt, die geschäftliche Tätigkeit
seinen politisch-gesellschaftlichen Vorstellungen unterzuordnen. Doch
hatte er sich bei der Übernahme von Druckerei und Verlag vertraglich
festlegen müssen, wenigstens für vier Jahre die „Schwarzwälder
Volksstimme" neutral zu halten. Nachdem er von dieser Verpflichtung
frei geworden war und im Druck- und Verlagswesen genügend Erfahrungen
gesammelt hatte, schrieb er im Sommer 1908 an Professor Hummel,
eine führende Persönlichkeit der Fortschrittlichen Volkspartei in Baden:
„Offen gestanden, ich habe es mit der bis jetzt immerhin geübten

51 Ausgesprochen in der sozialdemokratischen Parteiversammlung, in der er seine Pressepläne keineswegs
verschwiegen hat. Vgl. Rededisposition, StAH, Mappe 6.

52 Brief an Ertinghausen in Hannover, 15. 6. 1904, Kopierbuch N" 2, S. 416/417, StAH.

53 Vgl. Paul Merker, Sozialdemokratie und Gewerkschaften. 1890 1920. Berlin 1949, S. 92 und S. 97 ff.

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