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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 247
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ßen sei; man möge Geld schicken, denn solange nicht vollkommene Sicherheit
im Lande herrsche, könne er die Truppen nicht entlassen. Die „Polaggen oder
Cosaggen" solle der Kaiser so rasch als möglich wieder abfordern, sonst werde
der ganze Rheinstrom durch sie verwüstet und ein allgemeiner Aufruhr der
geplagten Bevölkerung zu erwarten sein.13 Den 2. August wurde das Drusen-
heimer Lager aufgehoben. Das ganze Heer, über 25 000 Mann, zog rheinab zur
Besetzung der festen Plätze Germersheim, Speyer u. a. Hernach trat Leopold
seine Truppen größtenteils an Anholt und Tilly ab. Nur mit den gefürchteten
Kosaken wußte man nichts anzufangen, da sie niemand „um bewußter ihrer
Qualitäten willen" begehrte. Darauf rief Ferdinand II. sie wieder zurück. Die
Reichsstadt Hagenau wurde mit einer ständigen Besatzung belegt; Gubernator
war Obrist Wolf Rudolf von Ossa. Unsäglich war der Jammer im Unterelsaß.
Schwer hatte das Land unter dem allgemeinen Fruchtmangel zu leiden, denn
die geflüchteten Bauern hatten weder im Frühjahr ihre Felder bebauen, noch
im Sommer die reife Ernte einbringen können. „Ist fast kein Mehl zu bekommen
!" vermerkte Moscherosch unterm 18. Juli. Die einzelnen Herrschaften unterbanden
daher die Getreideausfuhr durch Verbote und gerieten dadurch in
Konflikt mit Straßburg. In natürlichem Zusammenhang damit stand eine wachsende
Teuerung. Zu allem Unglück brach eine seuchenartige Krankheit, die
Rote Ruhr, unter den Menschen aus, die sich überall hin verbreitete. Als weit
größeres Übel empfand man aber in ganz Deutschland die unbeschreibliche
Münzverschlechterung der „Kipper und Wipper".

Die Folge der Kriegsnot waren auch diesseits des Rheines Hunger und Teuerung
, denen seuchenartige Krankheiten — pesta und tisenteria berichtet das
Auenheimer Kirchenbuch — die Hand reichten. Der Tod hielt reiche Ernte. Im
Kirchspiel Lichtenau zählten die Sterbefälle 51 gegenüber 16 im Jahr 1621,
darunter etliche Überrheiner (Todfälle zu Freistett 103, 1623: 49; Auenheim 59,
1623: 28). Das Gericht Lichtenau erwarb daher 1623 im Abtsgarten zu Scherzheim
neben dem Kirchhof „ein Platz Gartten zu Erweiterung des Kirchhoffs
wegen eingefallener beschwerlicher Krieg und Sterbens Läufften". Die Scharen
elsässischer Bauern, welche mit Weib, Kindern und Vieh in den diesseitigen
Rheinorten seit Mitte Januar freundliche Aufnahme gefunden hatten, kehrten
im August in ihre Heimat zurück; allein das Flüchtlingselend hatte das Sterben
unter ihnen vermehrt. 14

Im Rheinpaß Kehl war man der militärischen Besetzung längst überdrüssig
und bat im April 1623 um Gottes willen um Verringerung von Fußvolk und
Reiterei, denn der Mutwille der Soldateska war untragbar geworden. Weder
Hühner und Gänse auf den Höfen, noch Schweine und Kälber in den Ställen
wurden geschont. Dabei half Kapitän Haaß getreulich mit und empfing jeweils
seinen Anteil in die Küche. Den zur Stadt fahrenden Bauern rissen seine Soldaten
Scheiterholz und Reisigwellen, Heu und Stroh von den beladenen Wägen
.

Nach Beendigung des Feldzuges gedachte der Erzherzog die Kinder des verstorbenen
Markgrafen Eduard Fortunat von Baden-Baden in ihre Länder einzusetzen
. In einem Schreiben vom 20. August 1622 aus Speyer bat Leopold den

13 Ellerbach I, 493.

14 Kirchenbuch Freistett; Taufen von Flüchtlingskindern: Gambsheim 23, Killstett 12, Bettenhofen 4,
Bischweiler 3, Hanhofen 1. Todesfälle: Gambsheim 20, Killstett und Bischweiler je 9, Hanhofen 8,
Bettenhofen 6 und je 1 aus Offendorf, der Wanzenau und Meyersheim zum hohen Turm. Kirchenbuch
Rheinbischofsheim; Taufen zu Diersheim: Wanzenau 6, Killstett 2, Bettenhofen und Offendorf je 1.
Todesfälle: 1 aus der Wanzenau, Gries 1.

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