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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 76
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voneinander besaß. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist die gönnerhafte
Art, in der 1362 den Bürgern gestattet wird, die Verbrauchssteuer
heraufzusetzen30. Kaum drei Jahre später tritt dann die Bürgerschaft dem
Geroldsecker diese eben erst erhöhte Steuer ab, um dessen Geldbedarf zu
decken31. Erst im 18. Jahrhundert wird mit dem Aufstieg der progressiv
gestimmten Großkaufleute das Verhältnis zur Herrschaft
schwieriger, hier entsteht eine neue Schicht, die das politische Leben der
Stadt aktiv beeinflußt und prägt.

Das Thema lautete: Die Stadt Lahr im Spannungsfeld zwischen Familie
und Herrschaft. Ich habe versucht, dieses Spannungsfeld aufzuzeigen
und anzudeuten, welche Impulse von ihm für die Entwicklung der Stadt
und des städtischen Lebens ausgingen oder sie hemmten. Der Begriff
„Spannungsfeld" ist dabei durchaus positiv zu sehen und nicht einseitig
als Konfliktfeld. Gleichzeitig sollten die verschiedenen Gruppierungen
inner- und außerhalb der Stadtgemeinde skizziert werden, die alle ihre
bestimmten Interessen hatten und bei Gelegenheit auch verfolgten.

Zum Schluß sei noch einmal auf jenen Junitag des Jahres 1377
zurückgekommen, an dem die Stadt ihren Freiheitsbrief erhielt. Rein
juristisch stellt er ja lediglich eine umfassende Privilegienbestätigung
dar und enthält eigentlich nicht viel Neues. Für die Kommune aber stand
er über Jahrhunderte hinweg am Beginn einer städtischen Privilegientradition
, er wurde von da an von jedem neuen Regenten wörtlich
bestätigt; 400 Jahre nach seiner Ausstellung wurde er durch teure
juristische Gutachten kommentiert und geriet schließlich im sogenannten
„Lahrer Prozeß" am Reichskammergericht in Wetzlar, der sich über
40 Jahre hinzog, ins Kreuzfeuer.

Was aber diesen Brief so wichtig erscheinen läßt, ist die Geisteshaltung
der Lahrer Bürger, die dazu zum Ausdruck kommt. Sie sahen ihre
gewonnenen Freiheiten in Gefahr, ihre Bürgerfreiheit hing am seidenen
Faden eines Menschenlebens: Sie hatten keine rechtsgültige Ausfertigung
eines Stadtprivilegs mehr in ihrem Archiv. In dieser Situation
feilschten sie nicht lange, es sieht auch nicht so aus, als ob einer sich
gedrückt hätte, für die Freiheit Opfer zu bringen. Stellen Sie sich die
Bürger vor, wie sie nacheinander ins Stadthaus kommen und ihren
Beitrag abliefern, jeder nach seinem Vermögen - nehmen wie dieses Wort
Vermögen ruhig wörtlich - bis die gewaltige Summe von 700 Pfund
Straßburger Pfennigen beisammen war. Vorstellungen vom Wert dieser
Summe sind schwer zu gewinnen: Die Lahrer hätten sich für diesen Preis
über 120 Eisenbahnwaggons voll Weizen, jeden zu 301 gerechnet, kaufen

30 Stadtarchiv Lahr U II 2, ZGO 21 S. 291/92.

31 erw. Ruppert S. 248; Kop. GLA 67/697 f. 36-37.

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