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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 138
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geschmiedet wurde.38 Im Zusammenhang mit der 1804 entdeckten Verschwörung
von Georges Cadoudal und General Pichegru, in die auch General More-
au verwickelt war, geriet Louis-Antoine-Henri de Bourbon, duc d'Enghien,
Enkel des Prinzen von Conde, in den Verdacht, daran beteiligt zu sein. Paul
Muller ging auf die Vermutung Dieffenbachs39 ein, daß Schulmeister mit der
Beobachtung von Ettenheim beauftragt war,40 wo sich der Herzog zunächst
mit der Erlaubnis von Kardinal Rohan und nach dem Übergang des
bischöflich-straßburgischen Amtes Ettenheim durch den Reichsdeputationshauptschluß
von 1803 an Baden mit Genehmigung des Kurfürsten aufhielt.
Die Überlegung Dieffenbachs stützt sich einmal darauf, daß General Savary
laufend über den Herzog von Enghien durch einen Straßburger unterrichtet
worden sei, der nur Schulmeister gewesen sein könne, weil Savary nur zu ihm
nähere Beziehungen hatte. Zum anderen auf einen Brief des Präfekten Shee in
Straßburg vom 17. ventöse XII (8.3.1803) an den frz. Justizminister, in dem
das Schreiben eines Bürgers S . . . (der Name war sorgfältig ausgelöscht) erwähnt
wird.41 Während Paul Muller die Vermutung Dieffenbachs widerlegte,
ging Bernard Newmann einen Schritt weiter als Dieffenbach und behauptete
phantasievoll, Schulmeister habe dem Herzog eine Falle gestellt, indem er ihm
einen verzweifelten Hilferuf seiner in Frankreich verbliebenen Geliebten habe
zukommen lassen: „Der Herzog eilte ihr zu Hilfe, und die Falle schnappte
zu".42 Bekanntlich wurde aber der Herzog am 15. März 1804 in Ettenheim
verhaftet,43 wo er trotz mehrfacher Warnungen wegen seiner Jagdleidenschaft
und der Liebe zu Charlotte-Louise Dorothee de Rohan geblieben war.

Schulmeister, der sich in Straßburg zunächst als Krämer niedergelassen hatte
und dann als Tabakkaufmann betätigte, erlangte während des Kaiserreichs im
3. Koalitionskrieg seine legendäre Berühmtheit als Kundschafter Napoleons.
Nach einer Audienz beim Kaiser am 1. Oktober 1805 in Straßburg wurde er
mit einem Erkundigungsauftrag betraut. Am gleichen Tag brach er mit dem
Barbier oder Chirurgen Hans Rippmann von Kork und dem Pferdehändler
Hammel von Neu-Freistett zu seiner Ausführung auf. Seine Rolle, die er dabei
spielte, ging weit über den Aufgabenbereich eines Kundschafters hinaus, trug
er doch durch sein geniales Agentenspiel zur militärischen Fehlentscheidung
des österreichischen Generals Mack und damit zur Kapitulation der mit starken
österreichischen Kräften besetzten Festung Ülm am 20. Oktober bei. Man
darf annehmen, daß er bei seinem Aufenthalt am 26. Oktober in München

38 Vgl. G. Caudrillier, La decouverte du complot de l'an XII, in: Revue des etudes napoleonien-
nes, 11. Jahr, I. 3. Mai - Juni 1922, S. 161 - 179.

39 L. Ferdinand Dieffenbach, Karl Ludwig Schulmeister, der Hauptspion, Parteigänger, Polizei-
präfekt und geheime Agent Napoleons I., Leipzig 1879, S. 65 ff.

40 Muller, S. 34 ff.

41 Aug. Nougarede de Fayet, Historiques sur le proces et la condamnation du duc d'Enghien,
Paris 1844, Bd. I., S. 170.

42 Bernard Newmann, Spionage. Mythos und Wirklichkeit, 1962, S. 107.

43 Ernst Batzer, Ein Bericht über die Gefangennahme des Herzogs von Enghien in Ettenheim, in-
Die Ortenau 18(1931), S. 177 ff.

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