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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 202
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0204
J. K. Kempf schildert den Haslacher Kirchenbau unter Stadtpfarrer Albrecht
in den süßesten Farben: „Nachdem so alles für den Bau geebnet und die Vorschläge
. . . genehmigt waren, hätte sofort zur Bauausführung geschritten werden
können, wenn die Hauptsache, die Kostenfrage, geregelt gewesen wäre.
Und es ging hier wie so oft im Leben . . . der Herr sandte den Haslachern die
rettenden Engel in den drei Schwestern Philippine, Maria und Josephine
Grieshaber in Angers." Dann berichtet er über deren hochherzige Stiftung
und — „nun konnte der Bau beginnen."14* Daß eben diese Stiftung einen
handfesten Kirchenstreit entfachte, in der insbesondere die Haslacher Geschäftswelt
— „die Hauptsteuerzahler" — eine unrühmliche Rolle spielte —
diese Tatsache teilt Kempf nicht mit.147

Wie oben berichtet, war die Rabenwirtin 1862 in die Heil- und Pflegeanstalt
Pforzheim eingeliefert worden. „Der Kummer und die Sorgen wirkten auf
den Geist der armen Frau so furchtbar, sie wurde geistesgestört und zwar ohne
Hoffnung auf Genesung."148 Im Jahre 1875 besuchten einige Landtagsabgeordnete
das Krankenhaus, unter ihnen Heinrich Hansjakob. Was er dort erlebte
, schildert er ein Vierteljahrhundert später: „Ich vergesse die Wehmut jenes
Tages nicht... Ich traf da zwei weibliche Wesen von Hasle, eine Frau und
ein Mädchen, die ich in ihren gesunden Tagen wohl gekannt. . . Die Frau, deren
Arzt mich vorgestellt, fing so herzzerreißend an, mich zu bitten, sie zu befreien
, daß ich nur mit aller Kraft mich von ihr losmachen konnte . . . Der
Jammer der Frau . . . schnitt mir so tief in die Seele, daß ich wochenlang das
jammervolle Bild vor mir sah. Die arme Frau soll heute noch in der Anstalt leben
, eine Achtzigerin."149 Es besteht kein Zweifel, daß Heinrich Hansjakob
von der Rabenwirtin Philippine Grieshaber spricht. Sie war am 26. 4. 1816 geboren
und wurde am 9. 2. 1902 durch einen sanften Tod von ihrem kummervollen
Leiden erlöst. Vier Tage darauf wurde sie in Haslach zur letzten Ruhe
gebettet.

Am Tage der Beerdigung überraschte die Tochter Philippine Grieshaber aus
Angers den Haslacher Stadtpfarrer Franz Ignaz Albrecht mit dem Angebot,
„aus Anhänglichkeit an ihre Vaterstadt Haslach . . . irgend zu einem guten
Werk eine namhafte Summe beizutragen" und fragte, „ob vielleicht Geld nötig
sei zur Kinderbewahranstalt."150 Albrecht erkannte sofort, daß sich hier eine
Quelle zur Lösung der Kirchenfrage auftat und lenkte die Absicht der Stifterin
auf das Bauprojekt, welches ihn seit seinem Amtsantritt im Jahre 1897
beschäftigte. Bereits im Juni lag dem Stiftungsrat das Angebot der
Grieshaber-Schwestern über eine ungewöhnliche Schenkung in Höhe von

146 Kempf, Haslach im Kinzigtal, S. 34.

147 Er wollte freilich den Kampf dadurch nicht wieder entfachen.

148 Schwarzwälder Volksstimme, Nr. 20 vom 18. 2. 1902.

149 Hansjakob, Letzte Fahrten, Volksausgabe, Stuttgart, o. J., S. 19 f.

150 Wilhelm Engelberg, Beiträge zur Geschichte des Kirchenumbaues in Haslach. In: Schwarzwälder
Volksstimme, Jahrgang 1905, Nr. 93—104. Hier: Nr. 96 vom 16. 8. 1905. Im folgenden
: Engelberg, Beiträge.

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