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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 235
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der Empörung im Volk ruhig seinen Bonzengehalt und seinen Thron nicht
aufgab . . ."'s

Die OV wurde daraufhin für drei Wochen verboten. Müllermeister Rombach
und sein Gehilfe Bauer saßen erneut auf der Anklagebank. Der Staatsanwalt
erhob Anklage nach dem Republikschutzgesetz. Der eigentliche Urheber des
Artikels wurde gedeckt. Dr. Rombach, der die beiden verteidigte, drohte dem
Gericht: „Wenn Sie Ruhe und Ordnung aufrechterhalten wollen, dann fällen
Sie ein mildes Urteil!"59

Und in der Tat erhielten die Angeklagten statt der geforderten Haftstrafen nur
geringe Geldbußen. Das Urteil fand auch überregional Beachtung und wurde
als .aufreizend mild' bezeichnet, wobei auch die Vermutung geäußert wurde,
„daß die Schöffen eine höhere Bestrafung verhindert hätten."60 Für Linksund
Rechtsradikale wurden auch in Offenburg verschiedene Strafmaßstäbe
angelegt.

Ein Beispiel für die damalige politische Auseinandersetzung der Rechten sei
hier noch angeführt, weil es für internationale Aufregung sorgte. Der Fall
,Oskar Daubmann' alias Ignaz Hummel61 gibt uns auch Aufschluß darüber,
welche Emotionen mit nationalistischen Tönen geweckt werden konnten, die
die Nationalsozialisten zu ihren Gunsten nutzten.

Ignaz Hummel, von Beruf Schneider, vorbestrafter Kriegsfreiwilliger, verschwand
im Mai 1932 aus Offenburg. Seiner Frau gegenüber äußerte er, er
müsse geschäftlich nach Straßburg. Hummel aber fuhr mit dem Fahrrad nach
Italien und tauchte für einige Wochen unter. In finanziellen Schwierigkeiten,
sah er für seine Rückkehr nur eine Möglichkeit: er ging in Neapel zum Deutschen
Konsulat und gab s;ch als gewisser Oskar Daubmann aus, der seit Ende
des I. Weltkrieges vermißt wurde. Hummel schrieb an dessen Eltern, sie sollten
ihm Geburtsurkunde und Taufschein schicken, damit er seine Identität beweisen
könne. Hummel kannte Daubmann gut — er saß mit ihm auf einer
Schulbank. Mit exaktem Detailwissen spielte er seine Rolle so gut, daß ausnahmslos
alle auf seinen Schwindel hereinfielen. Ausgestattet mit einer neuen
Identität, kehrte er nach Deutschland zurück, wo ihm in Freiburg und in der
Heimat des echten Daubmanns, in Endingen, als Kriegsheld, dem angeblich
.letzten deutschen Kriegsgefangenen' mit militärischen Abordnungen ein begeisterter
Empfang bereitet wurde.

Seine Schauermärchen über die sechzehnjährige Kriegsgefangenschaft in Afrika
und die abenteuerliche Flucht nach Italien riefen allgemeine Empörung

58 OV, zitiert nach DAO, 23. 4. 32

59 DAO, 23. 4. 32

60 Frankfurter Zeitung, zitiert nach DAO, 23. 4. 32

61 vgl. hierzu DAO, 15. 10. 32

OZ, 13. 10. 32, 10. 1. 33
OT, 12. I. 33

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