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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 245
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Die Wirtschaftskrise war natürlich ein günstiger Boden, auf dem die Saat der
Nationalsozialisten prächtig gedieh. Das Beispiel Offenburg zeigte, daß der
Grundstein für den nationalsozialistischen Durchbruch auf örtlicher Ebene
gelegt wurde. Aber in Offenburg, in dem die überwiegend katholische Bevölkerung
den Vormarsch Hitlers nicht verhinderte, aber doch zumindest bremste
, mußte es für den hohen nationalsozialistischen Stimmanteil noch andere
Gründe geben.

Die Affäre Oskar Daubmann entfesselte in Offenburg nationale Emotionen.
Machte sich die NSDAP Mühe, jede nur mögliche Berufsgruppe oder Konfession
anzusprechen, mit nationalen Parolen gewann man Anhänger auf einfachere
Art, und das nicht ohne Grund. Die Furcht vor Frankreich war bei vielen
— seit der französischen Besetzung und wegen der Nähe zu Frankreich —
latent vorhanden und platzte unter der nationalsozialistischen Agitation wieder
auf. Die unbewältigte Niederlage tat ein Übriges. Der spätere Sieg der Nationalsozialisten
dürfte auch in der kleinbürgerlichen Struktur Offenburgs begründet
gewesen sein.103 Die Angst vor erneuter wirtschaftlicher Zerrüttung
wie zu Zeiten der Inflation trieb den Mittelstand in die Arme der vielversprechenden
Rechten.

Ein Drittes kommt hinzu: die demokratischen Parteien zeigten keine Geschlossenheit
. Zu schwach war das einigende Band von SPD bis DVP, das eine
wirksame Zusammenarbeit auf engstem lokalem Raum gegen die radikalen
Kräfte zugelassen hätte. Minimal war auch der Vertrauenskredit, über den die
demokratischen Parteien verfügen konnten. Einer präsidialen Notstandspolitik
als Antwort auf die akuten Pi obleme standen radikalere Forderungen für
die schnelle Lösung gegenüber, vor allem auch gleichzeitig mit der Präsentation
des jeweiligen Schuldigen an der jetzigen Misere. Schließlich half die ohnmächtige
Passivität der Parteien,die NSDAP in den Sattel zu heben. Die einzigen
, die den Nazis Widerstand entgegensetzten, waren Offenburgs Sozialdemokraten
, von anderer Seite konnte die Hitler-Partei mit stillschweigender
Duldung rechnen. Das Zentrum war zwar der eigentliche ruhende Pol in dieser
Zeit wirtschaftlicher und politischer Wirren. Von hier aus, einer Partei mit
festem Wählerstamm und einer christlich orientierten Politik, und nicht von
der vielgeschmähten Sozialdemokratie hätte man Widerstand erwartet. Zwei
Gründe sind ausschlaggebend, warum die Widerstandskraft der Zentrumspartei
lahmte. Zum einen eine immobile Frauen Wählerschaft, die zwei Drittel der
Wähler dieser Partei stellte und sich wohl mehr durch den christlichen als

103 In einer Untersuchung einer ähnlich strukturierten Stadt im norddeutschen Raum hat Allen
(W. S. Allen, ,Das haben wir nicht gewollt', Gütersloh 1965) nachgewiesen, daß die NSDAP
dort nur diesen Erfolg hatte, weil das Kleinbürgertum, „das Rohmaterial, aus dem Hitler seine
Bewegung schmiedete" (Allen, S. 24),ähnlich stark vertreten war wie in Offenburg. Den
geringeren Erfolg der NSDAP in Offenburg könnte man mit der bremsenden Wirkung des
Katholizismus erklären, während in Allens Stadt eine überwiegend protestantische kleinbürgerliche
Bevölkerung der NSDAP zu einem weit größeren Erfolg verhalf.

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