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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 283
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Feuer gemacht. Zum Feuermachen kam — falls kein christliches Dienstmädchen
im Haus war — eine christliche Frau, Schabbesgoia genannt, die „Andersgläubige
" des Sabbat:58 morgens und nachmittags kümmerte sie sich um
das Feuer im Küchenherd, auf dem die vorbereiteten Speisen gewärmt wurden
; im Winter machte sie auch Feuer in den Heizöfen. Sie erhielt am Schab-
bes ein Stück Sabbatbrot und etwas Obst, entlohnt wurde sie am Jahresende.
Auch christliche Kinder übernahmen diese Aufgabe. In manchen Familien
war jedoch dieser Brauch nicht mehr wirksam. Man überwachte selbst das
Feuer und zündete auch Licht an.

Auch die geschäftlichen Angelegenheiten ruhten am Sabbat, selbst der Geldbriefträger
, der einer Familie einen größeren Geldbetrag bringen wollte, wurde
gebeten, am nächsten Werktag wiederzukommen.

Für die Kinder der frommen Familien brachte der Schulweg nach Lahr ins
Gymnasium am Sabbat besondere Vorkehrungen mit sich:

„Als ich nach Lahr ins Gymnasium kam, durfte ich am Sabbat oder an den Feiertagen nicht mit
der Bahn fahren. Mein Vater hat mir in Lahr ein Bett gemietet zum Übernachten, und ich mußte
am Samstag nach Schulabschluß zu Fuß die ungefähr elf Kilometer von Lahr nach Nonnenweier
durch Feld und Wald gehen, meine Schultasche in Lahr lassen. Sie wurde mir am Samstag abend
von einem christlichen Botengänger gebracht. Am Samstag und an Festtagen durfte ich in der
Schule nicht schreiben. Selbstverständlich mußte ich an den Freitag Abenden in Lahr am Gottesdienst
in einem Betsaal teilnehmen".

Bedingt durch die Ritualvorschriften begannen die Vorbereitungen für den
Sabbat schon zwei bis drei Tage vorher. Am Donnerstag machte die Hausfrau
den Teig für die Berches, die Sabbatbrote. Dies sind „längliche Brote mit einem
zopfartigen Teiggeflecht obenauf und mit Mohn bestreut". Die Brote
wurden entweder von der Hausfrau geformt und zum Bäcker gebracht oder
der Teig kam ungegangen zum Bäcker und wurde von diesem zu Berches geformt
und gebacken. Am Freitag konnten die Brote abgeholt werden.

Auch alle übrigen Speisen für den Sabbat wurden bereits am Freitag vorbereitet
, gekocht, gebacken. Die frommen Familien brachten Gerichte, die längere
Zeit im Backofen garen mußten, zum Bäcker. Diese wurden dann am Sabbat
vom Dienstmädchen oder von einem der Kinder wieder abgeholt.

Der Brauch, das Gericht für den Sabbat in einem eigens dafür bestimmten, beheizbaren
Blechkasten mit Fächern, dem sogenannten Setzofen, garen zu lassen
, war in Nonnenweier zu Beginn des Jahrhunderts nicht mehr üblich. Nur
das früher darin zubereitete Gericht, meist eine Hülsenfrüchtesuppe, war
noch beibehalten worden und behielt die Bezeichnung „gesetzte Suppe", wurde
aber beim Bäcker im Backofen gegart.59

58 Der Ausdruck Goy (Plural: Gojim) zur Bezeichnung von Nichtjuden kommt bereits im Alten
Testament vor.

59 Eine genaue Beschreibung des Setzofens gibt Bruno Stern, a.a.O., S. 95

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