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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 288
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Als kulinarische Spezialität am ersten Pessachtag gab es „nach jüdischer Art
zubereiteten Hecht"73 sowie ein aus Mazzen zubereitetes Dessert, das
Schalet74, welches mit gekochtem Obst oder Weincreme gegessen wird.

Es war üblich, nach dem zweiten Pessach-Tag den christlichen Nachbarn
Mazzen zu bringen, um sie so an dem Fest „teilhaben zu lassen". Das Maz-
zenaustragen besorgten die Kinder, jeweils zwei oder drei Mazzen lieferten sie
ab, sehr zur Freude der Empfänger. Als Belohnung erhielten sie Süßigkeiten,
oder — wenn Pessach mit Ostern zusammenfiel — braungefärbte Ostereier.

Am zweiten Pessachabend75 wurde mit dem Omerzählen76, dem Zählen der
Tage bis Schawuot, begonnen.

2. Schavuot (Wochenfest)

Sieben Wochen nach Pessach ist Schavuot. An diesem Fest wird die Gesetzgebung
am Sinai gefeiert. Die Synagoge wurde mit jungen Bäumen und Frühjahrsblumen
geschmückt. Auch im Haus wurden Blumen aufgestellt.

Nach dem Abendgottesdienst und Abendessen trafen sich die Männer zum
„Lernen", dem gemeinsamen Studium der Thora und der Gebete. Fast alle
Männer beteiligten sich an dem vorgeschriebenen „Lernen", das an „Sche-
wues" die ganze Nacht dauerte.

In Nonnenweier wurde an „Schewues" der „Koletsch" gebacken, ein „Hefezopf
mit Rosinen". Eine Gewährsperson nannte Käsekuchen als traditionelles
Schavuot-Gebäck in der Familie; die Mutter war im Schwäbischen (Mühringen
bei Horb) aufgewachsen und hatte diesen Brauch nach Nonnenweier mitgebracht
.77 Der „Koletsch" wurde vor allem für die Kinder gebacken, „um sie

73 Die jüdische Art, Fisch zuzubereiten, ist von Gegend zu Gegend verschieden und „kann zur
Abgrenzung der ehemaligen jiddischen Dialektlandschaft dienen". Vgl. Florence
Guggenheim-Gruenberg, a.a.O., S. 124 f., Karte 49. In Nonnenweier wurde der Fisch mit
Zwiebeln, Knoblauch und Petersilie in einer weißen Mehlsoße am Vortag gekocht, dann gestockt
und kalt verzehrt.

74 Das Schalet, „bestehend aus eingeweichten, ausgedrückten Mazzen, Eiern, vermengt mit
Zucker, Rosinen, Äpfeln und Mazzenmehl, wird in der Kasserolle gebacken und kalt serviert
".

75 insgesamt acht Tage mit jeweils zwei Feiertagen am Anfang und am Ende; dazwischen liegen
Halbfeiertage.

76 Pessach fällt in die Zeit der Reife der Gerste und hat somit auch die Bedeutung einer bäuerlichen
Frühjahrsfeier. Am 2. Pessachtag wurde das erste Omer (ca. 2 1/41) Gerste der neuen
Ernte dargebracht. Von diesem Tage an zählte man die 50 Tage bis Schawuot, dem Wochenfest
. Dieses Zählen der Tage war früher notwendig, da es keine festen Kalender gab. Die
Beibehaltung des Omerzählens wertet Friedrich Thieberger als ein Zeichen für die „konservative
Grundhaltung der jüdischen Seele". Vgl. Friedrich Thieberger (Hrsg.), Jüdisches
Fest/Jüdischer Brauch, Ein Sammelwerk, Jüdischer Verlag, Berlin 1936, S. 145 ff.

77 Die Trennungslinie koulets/Käsekuchen entspricht in etwa der Grenze, welche das alemannische
vom fränkischen Sprachgebiet trennt. Vgl. hierzu Florence Guggenheim-Gruenberg,
a.a.O., S. 29 und Karte 13, S. 52—53.

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