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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 111
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Thronus zur Aussetzung des Allerheiligsten. Wie die Rechnungsnotiz von
1779 berichtet, sei das Heilige Grab „mit einer neuen Szene noch gemacht"
zur Karwochenliturgie jenes Jahres zum erstenmal aufgeschlagen worden. Zumal
Johann Pfunner außerdem schon 1768 für eine „zu gedachtem Heiligen
Grab noch erforderliche Szene" Bezahlung erhalten hatte, darf angenommen
werden, daß an Karfreitag und Ostern Gemälde des Gekreuzigten und Auferstandenen
als Wechselbilder anstelle der Abendmahlszene in die Kulisse eingehängt
werden konnten. Über dem zentralen Bildmotiv schweben Gottvater,
der aus Liebe (Herz !) seinen Sohn unter die Menschen schickte, und — aufgenommen
in den Himmel — das Schweißtuch der Veronika mit dem Antlitz
Christi, Hand- und Fußwunden und das engelumschwebte, von Strahlen und
Dornenkrone umfaßte Herz Jesu.

In den vier Schaufenstern der wie ein Marmorportal wirkenden, nach innen
zum Schauplatz des heiligsten Geschehens einschwingenden Scheinarchitektur
zeigen sich links und rechts vorne Todesangst Christi im Garten Getsemani
(Mt 26, 36—46) und Geißelung, etwas zurückgesetzt Dornenkrönung mit Verspottung
und der kreuzschleppende Heiland (Mt 27, 27—33). Perspektivisch
am meisten in den Vordergrund gerückt, ruht ebenerdig der vom Kreuz abgenommene
„Leib Christi" in der außen von römischen Soldaten bewachten
Felsenkammer.

Ohne Zweifel stellt der gesamte, schon durch seine stattlichen Maße beeindruckende
Kulissenbau mit den versetzt gestaffelten Gemäldeteilen ein bedeutendes
künstlerisches Werk der Barockzeit in Südbaden dar. Obwohl vor zweihundert
Jahren beileibe kein Einzelstück gewesen, ist das glücklich über alle
Zeitnöte, Liturgie- und Geschmacksänderungen hinweggerettete Ettenheimer
Hl. Grab in dieser Form heute für die Südwestecke Deutschlands als einmalig
zu bezeichnen. Es nimmt aber auch innerhalb der Werkliste Johann Pfunners
einen besonderen Platz ein. Auffallend der ausgeprägte Frühklassizismus in
den dekorativen Beigaben der Aufbauten. Zopfgirlanden, Rosengestecke in
würfelförmigen, auf kelchartige Füße gestellten Körben und das Fehlen von
Rocailleschmuck verdeutlichen, wie sehr der Freiburger Rokokomaler an die
sich wandelnde Kunstauffassung seiner Zeit Tribut zollte. Im übrigen darf die
Möglichkeit einer stilistischen Beeinflussung durch die an Bau und Innenausstattung
des Ettenheimer Chorraums mitbeteiligten Baukünstler, wie etwa
durch den fürstlich-fürstenbergischen Baudirektor Franz Joseph Salzmann
(1724—1786) oder den frühklassizistisch dekorierenden Freiburger Stukkateur
Joseph Meisburger (1745—1813), nicht ganz aus den Überlegungen ausgeschlossen
werden. Salzmann und Meisburger arbeiteten 1781 auch in der
Pfarrkirche Haslach im Kinzigtal zusammen44; der Stukkateur stand vorher
schon 1775 und 1777 in Endingen bei der großangelegten Deckenstukkierung
und -bemalung wie auch beim Hochaltarbau der St. Peterskirche in enger

44 H. Brammer, Kunstführer „Pfarrkirche St. Arbogast Haslach im Kinzigtal". München 1978. S. 4, 10, 11, 19

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