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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 166
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men wieder Bestrebungen in Gang, leerstehende Gebäudeteile nutzbringend
zu verwenden. So ließ das Finanzministerium die Möglichkeit der Aufteilung
und des Verkaufs oder der Verpachtung von Gebäude- und Gartenparcellen
an Kleinbauern und Landarbeiter prüfen, jedoch ohne Ergebnis.

Eine dauerhafte Lösung des Problems schien erst gekommen, als im Frühjahr
1817 das Ehepaar Christian und Christiane Kylius bei den Staatsbehörden
zwecks Pachtung eines Teiles der Prälatur und Anlegung einer Fabrik vorstellig
wurde24. Kylius hatte zwar in Lahr seinen Vater, aber selbst kein Bürgerrecht
. Durch seine mehrfach fehlgelaufenen industriellen Unternehmungen
war er dem Kinzigkreisdirektorium nicht unbekannt. Da man von seinen finanziellen
Verhältnissen keine genaue Vorstellung hatte, stellte man heimlich
Nachforschungen über ihn an. Demnach hatte Kylius vor Jahren in Berg bei
Stuttgart in Gesellschaft mit einem General v. Varnbühler und einem Herrn v.
Phull25 eine gut eingerichtete Baumwollspinnerei besessen, die aber wegen zu
weit getriebenen Spekulationen und Investitionen bankrott gegangen war, wodurch
er und seine Frau schwere Vermögenseinbußen erlitten. Im Jahr 1813
waren die beiden im Fürstentum Hohengeroldseck aufgetaucht, um mit einem
Gesellschafter im aufgehobenen Franziskaner-Hospiz in Seelbach eine Textil-
manufaktur und Färberei zu etablieren. Zwar gelang es Kylius, mit dem Fürsten
von der Leyen einen Pachtvertrag abzuschließen und von diesem sogar
ein Privileg für seinen Betrieb zu erhalten. Die Mittel zur vollständigen Ausstattung
desselben aber brachte er nicht zusammen. Da sein Associe Langsdorf
auf Einbringung der vereinbarten Geldbeteiligung bestand, kam es zum
Zerwürfnis. Kylius schied gegen eine Abfindung von 1200 fl. aus und faßte
den Plan, mit seinen sechs Spinnmaschinen, die er erst kürzlich in Nidau/Kan-
ton Bern gekauft hatte, samt Zusatzgeräten und Handwerkszeug in Schuttern
eine neue Manufaktur zu gründen. Nach den Schätzungen des Stadtrats von
Lahr belief sich sein Gesamtvermögen auf rund 15 000 fl., wobei eine Erbschaft
in Höhe von 18 000 fl. noch nicht berücksichtigt war. Dieses Kapital
lag unter gerichtlichem Arrest in Württemberg und war für Christiane Kylius,
der es genaugenommen gehörte, nicht verfügbar, wie sich später herausstellte.

Einerseits wäre die Domänenverwaltung heilfroh gewesen, endlich einen Teil
der Schütterer Klostergebäude vom Hals zu haben, andererseits traute sie der
Zahlungsfähigkeit der Interessenten nicht. Als allerdings Kylius' Vater, Stadtrat
, Waisenrichter und Spitalschaffner in Lahr, und der ebenda ansässige
Bandfabrikant Bausch sen. sich für die Pachtzahlungen verbürgten, kam es
recht schnell, nämlich am 3. Juni 1817, zu einem Vertrag. Abschließende Partei
war bemerkenswerterweise die Frau von Kylius. Sie pachtete ab Martini

24 Zu Kylius vgl. auch die Abhandlung des Verfassers Uber das Franziskaner-Hospiz in Seelbach in der Ottenau
1979, S. 196 ff.

25 Es wird sich nach C. Griesinger, Universal-Lexicon von Württemberg, Hechingen und Sigmaringen,
Stuttgart/Wildbad 1841, Sp. 1 471 u. 1 054, um Ferdinand v. Varnbühler, der sich zwischen 1806 und 1814
„mit Landwirthschaft und mit Beförderung der Gewerbe" beschäftigte, und um ein Mitglied des altadligen
Geschlechts der Freiherren v. Phull gehandelt haben.

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