http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1981/0244
Armenunterstützung und Wirtschaftsentwicklung
dargestellt am Beispiel der ehemaligen Gemeinde Dinglingen 1870-1930
Joachim Sturm
Zur Geschichte
Greifbar in seiner geschichtlichen Gestalt wird das Armenwesen in Dinglingen
erstmals mit der Gründung eines Spitals (des „Lahrer Spitals") im Jahre 1349.
Es handelte sich hierbei um eine Neugründung auf dem Gebiet der Dinglinger
Pfarrei, da das Lahrer Spital bereits 1259 von Walter I. von Geroldseck auf
Wunsch und zum Seelenheil seiner Gattin Heilika gegründet worden war.
Zwölf Arme sollten hier Nahrung und Obdach finden1. Damit begann eine
Entwicklung, in deren Verlauf auch über Dinglingen ein zwar recht weitmaschiges
, aber in seinen Grundfesten dennoch mit einem Mindestmass an Wirksamkeit
versehenes Netz der Armenpflege gelegt wurde. In seiner Struktur
kann es als ein im Laufe der Jahrhunderte wechselndes Zusammenspiel weltlicher
, kirchlicher und individueller Armenpflege begriffen werden2.
Gesetzliche Grundlagen
Die Entfaltung der für den Untersuchungszeitraum relevanten gesetzlichen
Grundlagen erfolgte in fünf Schritten, wobei der Beginn des über 100 Jahre
andauernden Vorganges etwa 1809, der Endpunkt 1925 anzusetzen ist.
Der erste Schritt zwischen 1809 und 1820, der Gründungszeit des neuen Staates
Baden, war keineswegs ein tastender Versuch zur ersten Fassung des Armenwesens
, sondern er stand qualitativ gleichwertig neben den vier folgenden.
Gekennzeichnet war er durch die Festlegung des Prinzips der Armenunterstützung
durch die Gemeinde3, durch die Schaffung eines Verwaltungsapparates
(Armenpolizei, Armencommission) zur Behandlung des Armenproblems4 und
der Aufsicht über die kirchliche Armenpflege5. Als Vorläufer späterer Staatsverträge
fand sich auch erstmals eine Übereinkunft zur Behandlung staatsfremder
bedürftiger Personen6.
1 ausführlicher: Hermann Wiedtemann, 700 Jahre Lahrer Spital und Stiftskirche, Lahr 1960
2 dazu: Christoph Sachße und Florian Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland, Stuttgart
1980, sowie: Arnold Weller, Sozialgeschichte Südwestdeutschlands, Stuttgart 1979
3 RegBl. Nr. XXII vom 2. 6. 1810
4 Beilage zum Org. Rescript, RegBl. Nr. LI vom 20. 11. 1809
5 Min. d. L, 21. 11. 1820
6 RegBl. Nr. XXXVII vom 19. 11. 1816
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