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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 252
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lokalen Tabaken hergestellten teuren Zigarren aus38 und traf damit eine bereits
angeschlagene Tabakindustrie. Diese reagierte mit einer Verringerung des
Einkaufs lokaler Rohstoffe39 und einer Verminderung der Arbeiter. In Mitleidenschaft
gezogen wurde ebenfalls die Druckindustrie, welche nicht in dem
Umfange wie bisher Banderolen, Aufkleber und Verpackungsmaterial liefern
konnte. Der lokale Kleinhandel blieb davon nicht unberührt wie die hohe Zahl
der Konkurse beweist. Vorläufiger Höhepunkt dieser Vorgänge war das Jahr
1902.

Wenn auch die Landwirtschaft vielleicht Auslöser der seit geraumer Zeit angespannten
Situation in der Tabak- und Druckindustrie war, so rekrutieren sich
die Unterstützten überwiegend aus dem Kreise der Industriearbeiterschaft,
welche fast die Hälfte der in Dinglingen ansässigen Erwerbstätigen ausmachte
. Der Lebensrhythmus des Dorfes begann von dem Konjunkturverlauf der
ortsansässigen Industrie abhängig zu werden.

Die 1905 einsetzende Krise sollte quantitativ gesehen einen neuen Höhepunkt
erreichen, denn auch nach Abzug der von der Gemeinde unterstützten Kranken
, Insassen von Waisenhäusern und Erziehungsanstalten mußten32 Arme
genährt werden. 1906 stieg deren Zahl auf 46 und erst 1907 schien die Krise
mit 25 Armen überwunden. 2,2% der Bevölkerung waren auf dem Höhepunkt
auf Hilfe durch die Gemeinde angewiesen, eine Anzahl, welche erst im Ersten
Weltkrieg höher lag. Nie zuvor seit dem Jahre 1870 waren so viele Menschen
betroffen.

Die Dinglinger Landwirtschaft, in der jetzt erneut 15% aller Erwerbstätigen
ihr Auskommen fand, hatte durchaus günstige Ernten zu verzeichnen
gehabt40. Getreide- und Futterpflanzen gaben nicht den geringsten Grund zu
Klage, nur die Weinlese war 1905 und 1906 schlecht ausgefallen. Dies fiel aber
nicht zu sehr ins Gewicht, da nur 7% der Anbaufläche mit Reben bepflanzt
war. So konnte die in all den vorausgegangenen Jahren so beklagte schwache
Kaufkraft der Landbevölkerung langsam wieder erstarken und einem siechen
Markt neue Impulse geben. Mehr als zwei Drittel aller Landwirte verdienten
nun über 1000 RM im Jahr, und die Anzahl der unter 500 RM verdienenden
Bauern war gegenüber 1903 um 85% zurückgegangen.

Während Baden ab 1906 mit einer Verlangsamung des industriellen Wachstums
und damit verbundener Arbeitslosigkeit zu kämpfen hatte, war dies im
Handelskammerbezirk nicht der Fall41. Der Zusammenbruch des Lahrer
Bankvereins 1905 war nicht die Folge einer Wirtschaftsschwäche sondern die
Folge zu hoher Kreditgewährung gewesen und der Verkauf der Bankabteilung

38 Handelskammerbericht 1902, S. 109

39 Dinglingen war hiervon nicht so sehr betroffen, da der Tabakanbau seit 1900 unter die Grenze von 10 ha gefallen
war.

40 Handelskammerberichte 1904—1906

41 Badische Geschichte, a. a. O. S. 131

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