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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 326
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Weitere Beiträge behandeln Presse und Rundfunk
Südwestdeutschlands, die Schulverwaltung
in der französischen Zone, die Neugliederungsbestrebungen
und die politischen Parteien
(1945—1951).

W. Mr.

Artur J. Hofmann, Hansjakob und der
badische Kulturkampf

Mit einer Einleitung von Waldemar Kampf.
XV und 101 Seiten. Veröffentlichung der
Heinrich-Hansjakob-Gesellschaft Freiburg.
Verlag Mörstadt Kehl 1981. DM 15,80.
Einen wichtigen Beitrag zur politischen Tätigkeit
Heinrich Hansjakob liefert Artur J. Hofmann
, wobei er eingehend seine politischen
Aktivitäten in der Zeit des badischen Kulturkampfes
untersucht. Zum erstenmal wurden
vom Verfasser die Archivalien aus dem Generallandesarchiv
in Karlsruhe ausgewertet und
dadurch neue Erkenntnisse zu Hansjakobs
Stellung innerhalb des Kulturkampfes gefunden
. Gegenüber der üblichen Auffassung,
Hansjakob wäre Lehrer geblieben, falls die liberale
Regierung Badens ihn geduldet hätte, eine
Auffassung, die von Hansjakob selbst genährt
wurde, weist Hofmann nach, daß diese
Behauptung ein politisches Kampfmittel war.
In Wirklichkeit war Hansjakob, so Hofmann,
schon 1867 entschlossen, nicht im Staatsdienst
zu verbleiben und eine Pfarrstelle anzutreten.
Hofmann zeichnet Hansjakobs politische
Laufbahn als Landtagsabgeordneter nach und
zeigt, wie er zu einer der führenden Köpfe des
politischen Katholizismus wurde. Seine beiden
Haftstrafen bewirkten, daß er zur Symbolfigur
für die Intoleranz des liberalen Staates in kirchenpolitischen
Fragen wurde. „Hansjakob
trug wesentlich dazu bei, daß die Entfremdung
, Skepsis und Ablehnung der katholischen
Landbevölkerung dem liberalen System gegenüber
den Regierenden in Karlsruhe bewußt gemacht
wurde." (S. 83) Diese Wahrnehmung
sei es auch gewesen, die den Großherzog
schließlich veranlaßt habe, den unter Jolly
bürokratisierten und autoritären Liberalismus
fallen zu lassen und in der Kirchenpolitik wieder
versöhnliche Wege einzuschlagen.
Ausführlich analysiert Hofmann Hansjakobs
„Umfall" im Jahre 1878, der ihm von seinen
politischen Freunden so angekreidet wurde. In
seiner Landtagsrede vom 25. Januar 1878 distanzierte
sich Hansjakob von der starren Haltung
der katholischen Volkspartei zu den badischen
Kulturkampfgesetzen und forderte vor
allem ein Nachgeben der Kirche in der Frage
des staatlichen Examensgesetzes für Priester.
Hofmann sieht in der Rede Hansjakobs von

1878 „keine Kapitulation und kein Scheitern",
sondern das konsequente Festhalten an seiner
stets vertretenen Auffassung: nur ein harmonisches
Miteinander von Kirche und Staat garantiere
ein gesundes Staatswesen. Deshalb habe
Hansjakob sich dafür eingesetzt, daß die katholische
Kirche gegenüber dem liberalen Staat
im Kulturkampf zurückstecken sollte.
Auch eine im großen und ganzen gelungene
Monographie wie die Arbeit Hofmanns enthüllt
beim genauen Hinsehen jedoch manche
Defizite und läßt dadurch Probleme ungeklärt.
Es fällt auf, daß Hofmann die umfangreichen,
uneingeschränkt zugänglichen Archivalien im
Archiv des erzbischöflichen Ordinariats in
Freiburg nicht eingesehen und ausgewertet hat.
Die hochinteressante Korrespondenz Hansjakobs
mit dem Erzbistumsverweser Lothar von
Kübel hätte sich Hofmann genausowenig entgehen
lassen brauchen, wie manches andere
ungedruckte Stück im Freiburger Ordinariatsarchiv
. Hofmann hat aber nicht einmal alle gedruckten
Quellen, die Hansjakobs Einstellung
zum badischen Kulturkampf beleuchten, ausgewertet
. So vermissen wir die auführliche Interpretation
des badischen Kulturkampfes und
des „Umfalls" von 1878, die Hansjakob in seinem
Reisetagebuch „In den Niederlanden" gegeben
hat (im Sommer 1879 geschrieben, also
kurz nach den umstrittenen Ereignissen von
1878). Auch die Reiseerinnerungen „Alpenrosen
und Dornen" (1905) und seine Tagebuchblätter
„Allerlei Leute und allerlei Gedanken"
(1913), in denen Hansjakob rückblickend zum
badischen Kulturkampf und politischen Katholizismus
Stellung nimmt, wurden nicht herangezogen
.

Hofmann meint abschließend, Hansjakob sei
ein Politiker „voller Widersprüchlichkeiten"
gewesen. Dies zeige sich vor allem in seiner
Einstellung zur Demokratie, die er zwar oft gefordert
, letzten Endes jedoch als eine reine
Utopie in Frage gestellt habe.
Diese Ansicht vertritt auch Waldemar Kampf
in der Einleitung zum Buch von Hofmann.
„Politische Probleme im Werk Hansjakobs"
nennt er seine mit der Akribie des Historikers
verfaßte Analyse wichtiger Grundprobleme,
die immer wieder in Hansjakobs Schriften auftauchen
(Freiheit, Demokratie, Wahlrecht,
Monarchie, Sozialdemokratie, das nationale
Prinzip, Krieg, Gang der Menschengeschichte).
Kampf versucht, anhand der Ansichten Hansjakobs
zu diesen politischen Grundproblemen
nachzuweisen, daß hier eine Reihe von Widersprüchen
sowie eine „Diskrepanz seiner politischen
Gedanken" (S. XI) zu erkennen seien.
So sei Hansjakob theoretisch Demokrat und
Republikaner gewesen, befürworte andererseits
jedoch einen „Staat mit dem Polizei-

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