Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 55
(PDF, 76 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0057
traten in seine Fußstapfen, besonders Arnold Hauser mit seiner „Sozialgeschichte
der Kunst und Literatur"59. Die gesellschaftlichen, kulturellen, geistigen
Voraussetzungen in Hausensteins Darstellung des nackten Menschen in
der Kunst sind in einer so vollständigen Weise aufgezeigt worden, daß dieses
Werk bis heute einzigartig geblieben ist.

Hausenstein hatte ein wahrhaft universales Verständnis für die Kunst. Er half,
den Blick seiner Zeitgenossen auch auf Gebiete zu richten, die von diesen
kaum beachtet wurden, um nicht zu sagen: für sie nicht existent waren: der
exotischen Kunst widmete er die Bücher „Exoten"60 und „Barbaren und Klassiker
"61.

Hausenstein sah seine Lebensaufgabe in der — nur in Deutschland — und
zwar von Winckelmann, Lessing, Goethe62 und anderen entwickelten Literaturgattung
der „Kunstschriftstellerei". Auch darin steht er in großer Tradition
. Unmittelbare Anregungen dazu erhielt er von seinem Zeitgenossen Julius
Meier-Graefe. Es gehe nicht darum, „die Resultate der Wissenschaft zu popularisieren
"63, sozusagen verständliche Wissenschaft zu betreiben; Meier-
Graefe selbst nannte als Vertreter richtig verstandener Kunstschriftstellerei
Wilhelm Hausenstein, „wie er mit sachtem Wort den Denkmälern. . . die
staubige Maske vom Gesicht zu lösen versteht und ihre allmenschliche Gegenwart
aufdeckt"64. Oder noch verständlicher, in den Worten Hausensteins
selbst: „So sehr geht es um das Bild, als wäre man schreibend berufen, es
selbst zu erschaffen"65. Er sprach Dinge aus, die sich wissenschaftlicher Behandlung
entzogen, seine literarische Gattung war das Feuilleton in seiner
sublimsten Form66. So entging er der Kurzlebigkeit wissenschaftlicher Feststellungen
, deren Wesen bekanntlich in ihrer Überholbarkeit besteht. Wahrscheinlich
wird man der geistigen Leistung auf diesem seinem Gebiet nur gerecht
, wenn man zu einer zugegebenermaßen superlativischen Sprechweise,
wie Alfred Hoentzsch sie wählte, Zuflucht nimmt: ,,. . . welch außerordentliche
Qualitäten dem Kunstschriftsteller Hausenstein auch eigen waren und
nachzurühmen sind: die Brillanz seiner Feder, deren Wesen auch im Polemischen
noch das Verbindliche war; die stupende Präsenz seines schier unbegrenzt

59 A. Hauser, Sozialgeschichte der Kunst und Literatur (Englische Originalausgabe 1951). Selbst in Moskau
nahm man von Hausensteins Arbeiten Kenntnis: A.V. Lunacarskij, Skizzen kunstwissenschaftlicher Literatur
, in: „Vestnik Socialist. Akademii". M.P. 1923, Nr. 1. — In der Großen Sowjetenzyklopädie erscheint
1926 der Artikel „Barock". (Wiederveröffentlichung durch Dieter Sulzer in „Der Nachlaß W. Hausen-
stein." S. 101.

60 W. Hausenstein, Exoten. Skulpturen und Märchen. Mit einer Einleitung von W. Hausenstein. Zürich und
München 1920.

61 W. Hausenstein, Barbaren und Klassiker. Exotische Kunst, München 1922.

62 Vgl. Migge, a.a.O., S. 44.

63 J. Meier-Graefe, Kunstschriftstellerei. In: Die Gabe, München 1933, S. 48.

64 Ebda.

65 Wilhelm Hausenstein, in: Zeiten und Bilder, München 1920, S. lOOf. Zitiert nach Migge, a.a.O., S. 45.

66 Vgl. Walter Dirks, in: Frankfurter Hefte 1950, S. 648.

55


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0057