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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 61
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Psalmen, vom Neuen Testament über Augustinus, mit dem er sich außerordentlich
intensiv beschäftigte, Thomas von Aquin, über Dantes „Divina Co-
media", Goethe, Kleist, Anatole France, Hesse, Thomas Mann bis zum
„Maulkorb" von Heinrich Spörl.

Aber dem Mann, dem die Feder das alleinige Werkzeug war, der meinte, er
habe an einem Tage, an dem er nichts geschrieben hatte, nicht gelebt, konnte
reines Rezipieren und Führen eines Tagebuchs nicht genügen. Wie er die französische
Literatur leidenschaftlich liebte, so glaubte er etwas Ungefährliches
zu tun, wenn er französische Dichter ins Deutsche übersetzte. Ein besonders
nahes Verhältnis hatte er zu Charles Baudelaire. Viele seiner Gedichte konnte
er nach 1945 in einem Sammelband mit einem Essay, der zu seinen berühmtesten
, aber auch am schwersten verständlichen gehört, veröffentlichen.94 Unter
dem Titel „Das trunkene Schiff"95 legte er Übersetzungen von Gedichten von
Rimbaud, Mallarme, Maupassant und anderen vor. Und wie schon gesagt:
Lux Perpetua schrieb er in dieser Zeit.

Von Erleichterung nach dem Kriegsende kann man kaum sprechen. Nächste
Angehörige von Frau Margot sind umgebracht worden, die Erschöpfung war
zu groß, sich der neuen Freiheit recht freuen zu können96, umso nachhaltiger
die Enttäuschung über das Verhalten der amerikanischen Besatzungsmacht,
die gerade jetzt so viel Gutes hätte wirken können, aber auch über die Mehrzahl
der deutschen Landsleute, die aus den schrecklichen Erfahrungen nicht
die Konsequenzen für ein anderes Leben zogen97.

Bitter, ungerecht empfand er jedoch auch die Äußerung Thomas Manns, allen
im Nazi-Deutschland geschriebenen Büchern hafte „ein Geruch von Blut und
Schande"98 an, weshalb sie „eingestampft werden" sollten. Ein offener Brief
in der „Süddeutschen Zeitung" suchte Mann mit Argumenten zu antworten99,
u.a. mit einer langen Liste von Büchern, die standhalten konnten. Mann erwiderte
nicht; weil er nicht erwidern konnte?

Hausenstein hätte jetzt Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung werden können
, mußte aber seiner angegriffenen Gesundheit wegen, die Krankenhausaufenthalte
notwendig machte, ablehnen.

Die schweren Jahre bis 1949 nützte er nicht nur, um wieder in rascher Folge
Bücher100 erscheinen zu lassen, unter ihnen so verschiedenartige wie „Herbst-

94 Charles Baudelaire. Ausgewählte Gedichte. Deutsch von W. Hausenstein. Freiburg 1946.

95 Das trunkene Schiff und andere französische Gedichte von Chenier bis Mallarme. Deutsch von W. Hausenstein
. Freiburg, München 1950.

96 Vgl. Migge, S. 121.

97 Licht unter dem Horizont, S. 348. Die Meinung Rolf Hochhuts über das Schweigen der Kirche nahm er vorweg
. Vgl. auch Günter, Neue deutsche Hefte, a.a.O., S. 187.

98 Vgl. Die große Kontroverse. Ein Briefwechsel um Deutschland. Herausgegeben und bearbeitet von J.F.G.
Grosser. Hamburg, Genf, Paris 1963, S. 62.

99 24. Dezember 1945, Bücher — frei von Blut und Schande.
100 Vgl. Migge, a.a.O., S. 194.

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