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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 80
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0082
Als wir beim Weiterwandern über die große „Brücke der Königin" schritten,
deren ausgetretene Spuren an die vielen Tausend Pilger erinnerten, die im
Laufe der Jahrhunderte dahin zogen, standen plötzlich auch unsere Schwarzwälder
Landsleute im Geiste vor uns. Ob sie alle in die Heimat zurückkehren
konnten . . .?

In Logrono kreuzten die Wallfahrer den Ebro; in Santo Domingo erlebten sie
vor dem Hühnerkäfig in der Kirche das Galgenwunder, von dem uns die Über-
linger Fresken erzählten. So wie Jaca für die Romanik ist Burgos ein Beispiel
dafür, wie sich die spanische Gotik einschließlich des maurischen Einflusses
am Santiago-Weg entwickelte.

*

Endlich, nach vielen schweren Wandertagen standen die Pilger auf dem Berg,
von dem man zum ersten Mal am Horizont im Westen das Ziel — Santiago de
Compostela — sieht. Ein deutscher Schriftsteller der Gegenwart, der wie wir
die alte Wallfahrt nachvollzog, schreibt dazu:25

In Labacolla floß ein klares, munteres Wasser, in dem sich die Pilger nach altem Brauch wuschen,
damit sie nicht verschwitzt in die Stadt der Verheißung traten. Der Monte del Gozo (Berg der
Freude) kam, dessen Name die überströmende Freude anklingen läßt, welche die Pilger einst
überkam. Von hier aus sahen sie fern und filigranartig die erlauchteste Kostbarkeit, welche das
Abendland für sie besaß, die Kathedrale von Santiago, und sie sanken ins Knie . . . Man muß sich
vorstellen, was solch ein Augenblick für Menschen bedeutet. Freudentränen traten in ihre Augen
.. .

Die Jakobsstadt

Und dann zogen die Kinzigtäler singend und betend in Santiago ein. Wir können
es nacherleben, wie das, was die Gegenwart vielfach als Legende nimmt,
auf die frommen Besucher der früheren Jahrhunderte wirkte. Sie erfuhren:
813 leuchtete über einem Feld im Nordwesten des Landes ein Stern; ein Einsiedler
meldete dies seinem Bischof, und man fand hernach dort die Gebeine
des hl. Jakobus. Es wurde eine Kirche gebaut, darum entstand die Stadt Santiago
de Compostela (Compostela = Campus Stellae = Sternenfeld). 844 ritt
in der Schlacht gegen die Mauren der Heilige sogar den Christen voran und
entschied den Kampf zu ihren Gunsten. Gerade die bildhauerische Darstellung
dieses Legendenteiles in der Kathedrale ruft heute noch das Staunen vieler Besucher
wach. Wie tief dieses Motiv in der spanischen Seele verwurzelt war,
zeigt die Tatsache, daß die Konquistadoren (Eroberer) die Erinnerung an
„Santiago, den Maurentöter" nach Südamerika mitbrachten und darstellten;
nur sind es dort statt der teuflischen Mauren die heidnischen Inkas, die
Sonnenanbeter, die unter den Hufen des Heiligen zertreten werden . . .

25 H. Domke, Spaniens Norden. München 1967, Seite 354. (Das Buch kann für den spanischen Teil des
Santiago-Weges als „Führer" benutzt werden.)

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