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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 85
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hundertealten Geschichte schwerer fiel, als man das gemeinhin heute noch
weiß.

Ein buntes Gemisch

Will man die zuerst recht mannigfaltige Pfarrerschaft des Hanauer Ländeis
skizzieren, so ist es verwundlich zu nennen, welche Einheitlichkeit sie am Ende
des 18. Jahrhunderts erreicht hatte. Im 16. und 17. Jahrhundert waren nämlich
die in der Grafschaft angestellten Pfarrer aus den verschiedensten und
entferntesten Gegenden zu uns gekommen. Durch den Einfluß des Buchsweiler
Gymnasiums, durch eine rigorose Kirchenzucht, durch den aus den Pfarrhäusern
stammenden Nachwuchs und durch die Assimilation in die elsässische
Lebensart wurden sie nach und nach zu einer soliden und aktiven Gruppe zusammengeschweißt
, zum Teil zu einer sich sozial scharf abgrenzenden Kaste,
die sich ihres Wertes und ihrer Ziele durchaus bewußt war.

Dieser Prozeß blieb nicht dem Zufall, nicht einmal einer natürlichen Entwicklung
überlassen, sondern war die logische Folge eines langatmigen, zähen Wirkens
der herrschenden Dynastie, die gewillt war, nicht allein die Einheit ihrer
Territorien zu wahren, sondern auch ein kirchliches System zu schaffen, das
dem im Evangelium geäußerten göttlichen Willen entsprach, und das die in
den Geboten verankerte Moral bewahrte.

Eine wirksame ,,Zunft"

In diesem Unterfangen waren die Pfarrer vertrauenswürdige Mitarbeiter: Sie
hatten das Wissen, die Mittel und den guten Willen und waren zudem in den
hintersten Winkeln des Landes präsent.

Unterwürfig waren sie auch. Wir kennen keine Fälle, wo Pfarrer auf ihre Unabhängigkeit
gepocht hätten, Unabhängigkeit des Geistes, der Tat oder der
Gesinnung. Die Landesherren waren, besonders nach 1736, absolutistisch. In
jedem Streit hatten sie das letzte Wort, lösten alle politischen Probleme selbst,
ebenso wie sie in dogmatischen und konfessionellen Fragen meist nur Rat bei
sich selber holten. Ein Wort, ein Federstrich genügten, wie es zum Beispiel die
Ausweisung eines pietistischen Pfarrers beweist, ohne daß innerhalb der
Pfarrschaft auch nur die Andeutung einer Kontestation in den Dokumenten
heute noch zu finden wäre.

Und das System war wirksam. Es hatte zur Folge, daß Staat und Kirche eine
verflochtene, ineinander greifende Einheit bildeten, ohne daß irgendwo Trennungsstriche
hätten festgestellt werden können, etwa zur Beantwortung der
Frage: Wo hört hier der Staat auf und wo fängt hier Kirche an?

Oberster Bischof der Kirche war ja nicht der Superintendent oder Buchsweiler
Oberpfarrer: Es war der Landesherr. Der stellte die Theologen an . . . und,
wo für notwendig erachtet, setzte er sie wieder vor die Tür. Der Pfarrer war

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