Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 86
(PDF, 76 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0088
führender, Diener, deshalb hat auch bezeichnenderweise der erste Pfarr-und
Lehrerkatalog der Grafschaft zum Titel „Hanawisches Kirchen und Schul
Diener Buch".

Ein fundiertes Selbstverständnis

Gewiß waren die Pfarrer Boten des Evangeliums und somit Verkünder der
christlichen Freiheit, aber solche Botschaft durfte nur geschehen in Übereinstimmung
mit der Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) und mit den gräflichen Beschlüssen
. Hier war kein Raum für die Direktinspiration oder für etwaige charismatische
Ergüsse und Erkenntnisse. Die waren weder vorgesehen noch geduldet
.

Und in ihrem Selbstverständnis trafen sie sich auch, Landesherr und Pfarrer,
sie stimmten überein. Der Adlige stützte sich auf Paulus und seine nur von
Gott herkommende Autorität. Auch die Lehre von den zwei Reichen Martin
Luthers kam ihm zupaß. Wie konnte er, derart fundiert, seinen Stand anders
als göttlich verstehen? Er behauptete, seine Besitzungen nach dem Willen Gottes
zu regieren, dortselbst das Wort und die Furcht Gottes herrschen zu lassen.
Er war der Garant für Ordnung, Zucht und Recht oder zumindest für das, was
er selbst als solche ansah. Und bei diesem hohen Auftrag war ihm der Pfarrer
behilflich, half also bei Wortauslegung und Unterricht kräftig mit und wachte
über Schule, Dorfdisziplin und Sitte.

Die Belohnung war ihm gewiß. Materiell wurde er, außer in Kriegszeiten und
auf verlorenem Posten, korrekt entlöhnt, man unterstützte ihn durch Dekrete
und, wenn's sein mußte, durch den bewaffneten Arm des Gesetzes.

So bildete sich im Laufe der Generationen eine treue, wenn nicht gar servile
Pfarrerschaft heran, die keine Außenseiter unter sich dulden mochte. Wer
nicht ins Schema paßte, wurde entlassen, und dies betraf immerhin zehn Prozent
aller hanauischen Theologen.

Man gab die Befehle des himmlischen und des weltlichen Herrn weiter, wurde
dadurch nicht allein ein wirksames Instrument, sondern auch der größte gemeinsame
Nenner im weitläufigen Land.

Theologisch gesehen überwog die lutherische Orthodoxie, die weder durch
Pietismus noch durch Rationalismus je ernsthaft gefährdet wurde, denn wie
gesagt, wer nicht spurte, konnte ja sehen, wo und wie er sein Brot anderswo
verdiente.

Hier wäre noch vom Prinzip der „Unter- und Überordnung" zu schreiben, also
unter Superintendenten und Specialis, die nur entfernt unseren heutigen
Dekanen entsprechen, wäre der Einfluß reicher Pfarrdynastien zu untersuchen
, die nicht allein mit allen hanauischen kultivierten Häusern versippt und

86


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0088