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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 89
(PDF, 76 MB)
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einer dieser Pfarrhausmieter einen etwas ausgeprägten Charakter hatte, mußte
man ihn eben dulden. Gab es sich, daß der Hirte sich seinen Schafen näher
fühlte als seiner Obrigkeit, so konnte man ihm zeit weilen sogar Liebe entgegenbringen
, war sich aber auf beiden Seiten stets bewußt, daß der Rangunterschied
damit noch nicht abgebaut war.

Ein ungerechtes Lohnsystem

Einen schwierigen Punkt stellte bis ins hohe 19. Jahrhundert das schlecht gelöste
Problem der Besoldung dar. Diese konnte ja nichts anderes sein als ein
getreuer Spiegel der hierarchischen, somit der soziologischen Strukturen des
Landes und jener Zeit. Die Löhne waren außergewöhnlich unterschiedlich.
Bei gleichem Dienstalter konnte der Unterschied vom Einfachen bis zum
Siebenfachen gehen, je nachdem ob der Beamte auf einer schwach- oder starkdotierten
Stelle saß.

Dieses Besoldungssystem war anfällig und konnte nur in Friedenszeiten funktionieren
. Selbst bei kleinerer Kriegseinwirkung brach das Einsammei- und
Verteilwesen zusammen und lieferte die Pfarrfamilien der Hungersnot aus.

Auch das Rentenwesen lag im Argen, denn nur wer Titularpfarrer war, konnte
entlohnt werden. Da eine dezente Altersversorgung erst mit dem beginnenden
19. Jahrhundert aufkam, blieb den Pfarrern, wenn sie einmal alt und gebrechlich
waren, nichts anderes übrig, als Vikare anzustellen und diese zu entlohnen.

Eine knifflige Ambivalenz

Gerade in materiellen Fragen konnte der Pfarrer in ambivalente Lagen geraten
. Er hatte die Aufforderungen zur Armut der Bibel und besonders der
Bergpredigt weiterzugeben und sah doch alltäglich die elementaren Bedürfnisse
einer zahlreichen Familie, für die es körperlich und geistig zu sorgen galt.
Nach Gütern dieser Welt durfte er nicht trachten. Daran erinnerte ihn alltäglich
die Entlohnung auf mancher „Hungerpfarrei". Und dennoch, in einer
Epoche, die keinerlei materielle Absicherung kannte, galt es auch für die
Pfarrfamilie zu leben und zu überleben, selbst wenn man riskierte, als hartherzig
und geizig hingestellt zu werden, was gerade beim Einsammeln des Zehnten
kaum zu verhindern war.

Diese Überlegungen dürfen nicht verallgemeinert werden, sonst wären sie ungerecht
einer hanauischen Pfarrerschaft gegenüber, die in ihrem Lebensstil
vorwiegend die Einfachheit suchte und deren Streben, aufs Ganze gesehen,
von einer bemerkenswerten und heute unüblichen Bescheidenheit war.

Der Wissenschaftlichkeit wegen sollte hier auch noch die konfessionelle und
die moralische Intoleranz zumindest angedeutet sein. Wer sich voreheliche Beziehungen
zuschulden kommen ließ, wurde schlicht der Hurerei bezichtigt.

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