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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 93
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ausfallen konnte, wenn der Abt etwa erfuhr, daß man das Patrozinium mit
Musik und Tanz im Wirtshaus feiern wollte.3

Es konnte auch vorkommen, daß man auf die Prozession verzichtete, wenn,
wie 1702, die Wege noch von vorausgegangenen Überschwemmungen aufgeweicht
waren. Damals ritten zwei Geistliche hin, um den Gottesdienst mit Predigt
für die Ortsansässigen zu halten.4

2. Das Herbsten

Die Weinlese im Herbst war ein zweites Ereignis, das in jährlichem Turnus
wiederkehrte. Der Abt hatte die Erlaubnis zum Beginn der Traubenlese zu geben
.5 Meist war sie Anfang Oktober. Außer den klostereigenen Leuten waren
in den Weinbergen des Klosters täglich ca. 32 Leute beim Sammeln und 10
beim Tragen beschäftigt.6 Sie ernteten zunächst in Friesenheim, wo man die
Lese in den Hungerzihleten abschloß und dann in die Weinberge von Heiligenzell
kam.7 Den Abschluß des Sammeins machte man dort im (Gewann) Baudenrausch
.8

3 Tagebuch Voglers (GLA 65/590) 20. 4. 1704: „Ich ließ ihm (dem Amtmann Olisy von Mahlberg) nahelegen,
er möge nicht, wie mir berichtet wurde, erlauben, daß im Gasthaus zu Heiligenzell die Kirchweih mit Musik
und Tanz gefeiert werde. Es seien so schlechte Zeiten, und andere könnten Ärgernis nehmen." 23. 4. 1704:
„Die Prozession geht nach Heiligenzell. P. Prior predigt und gebraucht starke Worte, weil die Kirchweih
auf bisher ungewöhnliche und diesen Zeiten unpassende Weise mit Ausgelassenheit gefeiert worden sei. Wir
halten einen besonders gestalteten Gottesdienst; ich lese eine stille Messe, verhandle mit den Mietern wegen
Zubereitung der neuen Holzteile und den Abriß der alten und fahre mit dem Wagen nach Hause." In dem
von O. Köhler a.a.O. S. 216 zitierten Aktenstück v. 13. 11. 1806 wird auf diese jährlich einmal am St. Georgstag
von Schuttern her stattfindende Prozession Bezug genommen, so daß man mit einer durchgängigen
Tradition bis zur Klosteraufhebung rechnen kann.

4 Tgb. 25. 4. 1702: „Wegen verschmutzter Wege und Resten der Überschwemmung konnten die außerhalb
wohnenden Pfarrangehörigen nicht zur Prozession hierher kommen und auch wir am vergangenen Sonntag,
dem Fest des hl. Georg, nicht nach Heiligenzell. P. Columbanus und P. Johannes Baptista, der dort die Predigt
hielt, ritten mit Pferden hin."

5 Tgb. 6. 10. 1697: „Ich besuche die Rebberge und erlaube den Bauern in Friesenheim und Heiligenzell der
ungünstigen Witterung wegen morgen zu herbsten."

6 Tgb. 9. 10. 1699: „Man beendet die Weinlese in Heiligenzell. Es arbeiten ohne die Klosterangehörigen täglich
32 Leute beim Sammeln und 10 beim Tragen."

7 Tgb. 20. 10. 1705: „Man beendet die Weinlese in den Hungerzihleten und geht nach Heiligenzell."
5.—7. 10. 1699: „Beginn der Weinlese in Friesenheim. Zum Mittagessen wird die Traubenlese am genannten
Ort, der nicht allzu ertragreich war, abgeschlossen. Die Klosterangehörigen gehen nach Heiligenzell. Ich folge
ihnen mit den Patres aus Weingarten (bei Ravensburg) im Wagen und sehe, daß diese Weinberge in einer
günstigeren Verfassung sind." Vgl. hierzu auch die heutige Gewohnheit, in Friesenheim mit dem Herbsten
anzufangen: Jutta Braun-Wingert, Doozemals bim Herbschde, in: Geroldsecker Land 22 (1980) S. 148

8 Tgb. 3. 10. 1704: „Man beendete die Weinlese in Heiligenzell und heute sogar die Lese des B.rausch, der
dieses Jahr vollkommen reif war, wie auch die übrigen Beeren, die Hoffnung auf einen besseren Wein geben
, wenn auch nicht in solcher Menge wie vor einem Jahr." Unklar bleibt, ob mit dem hier abgekürzten
„Baudenrausch" tatsächlich ein Gewann gemeint ist; es könnte sich auch um eine Traubensorte handeln.
24. 10. 1705: „In Heiligenzell besuchte ich die Leute bei der Weinlese und finde, daß sie heute in doppelter
Zahl (als sonst) arbeiten. In den äußersten Reben Baudenrausch machte man den Abschluß (in exterioribus
vineis Baudenrausch finem imponentes)". 30. 10. 1705: „Heute wird der letzte neue Wein aus Heiligenzell
hierher (nach Schuttern) geführt. Man stellt fest, daß der Herbst sowohl an Menge als auch an Güte etwas
schlechter als im vorigen Jahr ist. Im Rotwein werden wir jedoch der Menge nach über 2 Fuhren mehr erhalten
. Die Qualität muß man noch abwarten. Auch der Baudenrausch-Wein war besser an Menge als im vorigen
Jahr (Etiam Baudenrausch vinum plus valuit in quantitate quam superiori anno). Gott sei Lob und unendlicher
Dank."

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