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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 107
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Diana, Atalante, Apoll, Adonis, Aktäon, Meleager, Orion und wie sie alle
hießen, in denen eine sehr reale Jagdlust ihre mythologische Erhöhung und
damit Rechtfertigung suchte. Die Musik tat (wie jene geburtstäglichen Singspiele
schon zeigten) ihr Teil noch hinzu, wenn ihr der Jägerlouis auch „den
angenehmen und wohlklingenden Laut derer Hunde, Jäger und des Jagd-
Horns"19 vorgezogen haben mag. So zog die Jagdgesellschaft, in die sich sein
Hofstaat mehr als jeder andere verwandelte, gleichsam ein ganzes Gefolge von
Künstlern und Künsten hinter sich her.

So weit, so gut. Aber warum war es gerade die Jagd, die ins Zentrum des barocken
Interesses rückte und zwar so sehr, daß nach Knigges kritischem Wort
zuweilen „das ganze Land zu einem Jagd-Park umgeschaffen"20 wurde? Warum
wurde sie nicht nur zum Vorrecht, sondern geradezu zur Vorliebe der barocken
Regenten, so sehr daß sich die Opposition hauptsächlich an ihr rieb
und entzündete?

Sie war zunächst ein vorzügliches Mittel gegen den Trübsinn des Fürsten; von
ihm ist oft genug die Rede im Barock, und dahinter steckt mehr als die bloße
Langweiligkeit eines sinn- und ziellos hingeschleppten Luxuslebens.21 Und je
leerer dieses Leben, desto furchtbarer das Ende, das der Tod ihm setzt; denn
er erweist, daß auch der einzige Inhalt dieser Existenz noch nichtig ist und der
Fürst letzten Endes nicht mehr gilt als der Geringste seiner Untertanen. Der
wortgewaltigste Kanzelredner des Barock, Pater Abraham a Santa Clara (ein
gebürtiger Johann Ulrich Megerle aus Kreenheinstetten bei Sigmaringen) sagte
es deutlich genug: „ich hab gesehen, daß der Tod ein Donnerkeil, der nit allein
trifft die durchsichtigen Strohhütten, sondern auch die durchleuchtigsten
Häuser der Monarchen; ich hab gesehen, daß eine goldene Krön und eine
Schmeerkappe, ein Scepter und eine Holzhacke, ein Purpur und eine Joppe,
bei dem Tod eines Gewichts und eines Gesichts seynd"22. Und wirklich war ja
der Tod das große Thema dieser Zeit, eine Melodie, die sich nicht überhören
und nicht übertönen ließ.

19 Zit. nach Rentsch, a.a.O. S. 299.

20 Adolf von Knigge, Winkeltyrannen. In: Jost Hermand (Hrsg.), Von deutscher Republik. 1775—1795. Bd. 2
(= Theoretische Grundlagen). Frankfurt 1968, S. 113—114; hier S. 114.

21 Vom Ausmaß der Jagdleidenschaft wie vor allem von ihrer Verursachung auch durch eben die existentielle
Langeweile handelt sehr gründlich und ausführlich: Hans Wilhelm Eckardt, Herrschaftliche Jagd, bäuerliche
Not und bürgerliche Kritik. Zur Geschichte der fürstlichen und adligen Jagdprivilegien vornehmlich im
südwestdeutschen Raum (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 48). Göttingen
1976, bes. S. 268—284. Zum Folgenden vgl. auch Johannes Werner, Von Hofnarren und Hofzwergen. In:
Badische Heimat 4/1980 (= Ekkhart 1981), S. 145—153.

22 Abraham a Santa Clara, Adams-Kinder, Hrsg. von Walter Höllerer. Wiesbaden 1959, S. 28. — Übrigens ergriff
schon Abraham die Partei des geplagten Landvolks und bemerkte, es sei „das Jagen öffters nicht ohne
Klagen", denn „durch das Jagen und Hetzen werden zuweilen die Felder dergestalten zertretten, und verwüst
, daß der arme Bauers-Mann auf seinen Grund nicht Traid, sondern lauter Leid zu schneiden findt; mit
was Fug aber solches könne geschehen, laß ich es dem Gewissen grosser Herren über" (Abraham a Santa
Clara, Etwas für Alle. Hrsg. von Richard Zoozmann. Dresden 1905, S. 125). Oder auch (ebda. S. 126):
„Man lasset auch zu, daß grosse Herren den Gewalt haben, die Unterthanen zur billigen Straff zu ziehen,
welche in dem Wild-Bann sich freventlich vergreiffen, aber daß man tyrannisch mit denselben verfahre,
weiß ich nicht, wie solches bey dem Allmächtigen zu verantworten."

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