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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 132
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Die Hoffnungen dieser Menschen, die wohl zum größeren Teil den Niedergang
der geistlichen Herrschaft begrüßt hatten, gingen nicht in Erfüllung. Mit
der Aufteilung des Genossenschaftswaldes entfiel für sie der Weidgang; außerdem
litten sie unter Holzmangel, da die Waldungen ausgeschlagen waren.
Die Kriegsschulden, auf die Gemeinden umgelegt, drückten so sehr, daß sie
ihre Grundstücke nicht bezahlen konnten, von denen im übrigen die besseren
nur über dem Anschlag zu haben gewesen waren. So kam es nicht von ungefähr
, daß die Amtskellerei Ettenheim 1808 in die Hauptstadt berichten mußte,
daß 64 Talbewohner dem Großherzog noch 20718 Gulden ohne die Zinsen
schuldeten.

Es war kein Zufall, daß ab 1806 in der südlichen Ortenau wie anderswo der
Staat verstärkt zu Verkäufen schritt. Die zunehmende Finanznot zwang ihn
dazu. Als der Pachtvertrag für das Bad St. Landolin30, das das Stift einst mit
großem Gewinn in Eigenregie hatte und das zu seinen wertvollsten Immobilien
gehörte, ablief, entschloß sich die Domänenverwaltung zur öffentlichen Ausbietung
, zumal sie befürchtete, daß der Wunderglauben, der der vor der
Landelinskirche entspringenden Quelle anhaftete, bei der Bevölkerung in
Abnahme kommen könnte. Denn eine nachweisbare Heilkraft besaß das Wasser
nicht, vielmehr speiste es eines von mehreren „Einbildungsbädern" dieser
Gegend. Johann Baptist Kolb bemerkt in seiner badischen Landesbeschreibung
nicht zu Unrecht: Das Badwasser führt keine Mineralien mit sich, ist ein
reines Wasser, und leistet doch gegen mancherley Gebrechen vortreffliche
Dienste, weswegen es gewöhnlich Wunderbad genannt wird31. Aus dem zeitweilig
großen Andrang leidender Menschen aus der dies- und jenseitigen
Rheinebene erklärt es sich wohl, daß die um 1720 großzügig angelegte Badeanstalt
mit Inventar, das zugehörige Wirtshaus „Zum goldenen Hirschen"
mit der Schildgerechtigkeit und einige umliegende Grundstücke mehrere zahlungskräftige
Interessenten fanden und schon beim ersten Versteigerungstermin
am 3. Februar 1807 für die beachtliche Summe von 13000 fl. einem Joseph
Reinbold aus Schweighausen zugeschlagen werden konnten.

Schließlich verdient das Schicksal der eigentlichen Klostergebäude eine eingehende
Betrachtung, mit deren schrittweiser Schleifung in den folgenden Jahr-

30 Die Ausführungen zu diesem nach GLA 87 / 81, 182 u. 391 / 10489.

31 Bd. 1, 1813, S. 283. Eine ausführliche Beschreibung des Bads bieten Kolb in Bd. 3, S. 140 ff., und A. Kürzel,
St. Landolin, in: Schau-ins-Land 7 / 1880, S. 33 ff. Es sei an dieser Stelle ein Auszug aus dem Gutachten
des Landrentmeisters Herbst an die Regierung angeschlossen, das sich mit der Frage befaßte, ob höheren
Orts das Versteigerungsergebnis genehmigt werden sollte oder nicht. Hinsichtlich der Wertentwicklung der
Anlage bestätigte die Zukunft das Urteil Herbsts voll und ganz:

A Is Baad betrachtet und bey der Gewißheit, daß das dortige Baad Wasser keine mehr heilende Kraft habe als
jedes andere reine QuellWasser, gewähret dieses Gewerbe keine Aussicht zu einem künftig möglichen besseren
Betrieb und zu einem größeren Nuzen als bisher, vielmehr hängt die ganze Existenz desselben ganz allein
von der Fortdauer des blinden Glaubens an die Wunderkraft der BaadQuelle ab, den jedoch der erste beste
aufgeklärte Christliche in St. Landolin im Einverständnis mit dem aufmerksamen BezirksPhysicus sehr
leicht verdrängen kann. In diesem leztern Falle sinket sodann der Werth des BaadGewerbes sehr tief herab.
(GLA 404 / 441). Ein weiteres „Einbildungsbad" war übrigens die Anstalt zu Kirnhalden, bis 1806 dem
Stift Wonnental gehörig.

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