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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 135
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0137
eingeholt hatte. Die Kommunität erreichte keine Besserstellung, sondern bewirkte
im Gegenteil durch ihre Klagen34, wenn auch ungewollt, ihre Auflösung
. Am 7. Januar 1806 fand diese auf Befehl der Kirchenkommission statt,
nicht ohne daß sich zuvor der letzte Vorsteher, der Superior Zeno, vehement
hiergegen und gegen die Versteigerung der entbehrlichen Effekten gewehrt
hatte. Die Religiösen wurden mit der ihnen verbliebenen Habe, wenig wertvollen
Möbeln, Hausgerätschaften und Kirchenutensilien, in die Kapuziner-
Klöster Offenburg, Oberkirch und Baden geschickt.

War damit für eine Weile über den größten Teil der Hauptgebäude disponiert,
so brauchte sich die Domänenverwaltung auch über die Nebengebäude nicht
lange den Kopf zu zerbrechen35. Noch im Herbst 1803 zeigte sich ein ernsthafter
Interessent für dieselben in der Person des Spediteurs und Kolonialwarenhändlers
Carl Ludwig Wunderlich aus Lahr, der damals bedeutendsten
Handels- und Industriestadt der Ortenau, der mit dem ebenfalls in Lahr firmierenden
Friedrich Christian Herbst36 eine Industriegesellschaft gegründet
hatte. Der Zweck derselben dürfte in erster Linie der Aufbau einer Fabrik in
Ettenheimmünster gewesen sein, wenn sich auch die beiden anfänglich nicht
darüber im klaren waren, was dort eigentlich produziert werden sollte.
Schließlich wurde es eine Zichorien- und Bleischrotfabrik, nachdem die Com-
pagnons laut Vertrag vom 30. Juli 1804 vom Staat außer dem Münster, dem
größten Teil des Konvents und dem Amtshaus nahezu alle Baulichkeiten, die
bei der Abtei liegenden unverkäuflichen Felder sowie weitere Grundstücke,
vor allem Rebgärten mit zwei Trotten in Münchweier und Felder bei Euenheim
, auf zehn Jahre zu einem jährlichen Zins von 2119 fl. gepachtet hatten.
Wann genau der Betrieb angefangen und wie er im einzelnen ausgesehen hat,
wird kaum jemals festzustellen sein. Die Schrotfabrik war mit Sicherheit nur
ein Anhängsel der Zichorienproduktion. Aus einem Beitrag des Amts Ettenheimmünster
vom Juni 1809 zur staatlichen Gewerbestatistik ist allerdings zu
ersehen, daß sie nur kurz florierte: Wurden 1806 immerhin an die hundert Arbeitskräfte
(darunter Kinder) benötigt, so waren es im Berichtsmonat gerade
noch 16. In ihren besten Zeiten verarbeiteten Wunderlich und Herbst für rund
25 000 fl. im Jahr inländische Wegwartwurzeln zu Ersatzkaffee und etliche
Zentner Blei zu Schrot. Daß sie Ende 1809 so gut wie am Ende waren, führte
der nach wie vor am Ort waltende Amtmann Reich auf den hohen Preis des
Zuckers, ohne den Zichorienkaffee nur für anspruchsloseste Trinker genießbar
war (und ist), und auf die starke Konkurrenz durch weitere Fabriken die-

34 GLA 87 / 155.

35 Das folgende nach Aktenstücken GLA 87 / 58 a - 60, 80, 236 / 840, 237 / 4579, 313 / 978 u. 404 / 106.

36 Zu diesem vgl. F. Stein, Geschichte und Beschreibung der Stadt Lahr und ihrer Umgebung, mit vorzüglicher
Berücksichtigung der Handelsverhältnisse, Lahr 1827, S. 200 ff. Über die erste Phase der Industrialisierung
Ettenmünsters gibt es eine kurze Abhandlung von O. Kohler, Die Verwendung der Gebäude des Klosters Ettenheimmünster
nach dessen Aufhebung im Jahre 1803, in: Die Ortenau 47 / 1967, S. 20 ff., die jedoch
nicht frei von Irrtümern ist. So war der Gesellschafter Wunderlichs der besagte Unternehmer Herbst aus
Lahr und nicht der Mahlberger Rentmeister gleichen Namens.

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