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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 176
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wurde immerhin anerkennend vermerkt, daß diese jüdischen Familien „durch
ihre Wohlhabenheit und als Arbeitgeber einen ziemlichen Einfluß gehabt"
und „sich auch durch Schenkungen an die Stadt verdienstlich gemacht
haben"2.

Als Schrottsammler betrieb Wolf Netter um die Jahrhundertwende einen kleinen
Handel mit Artikeln aller Art, hauptsächlich mit altem Gußeisen und alten
Metallen, die er bei den Eisenschmelzen in Bühl und Umgebung absetzte.
Später kaufte er in Straßburg neues Bandeisen für Weinfässer, das in Bühl
schnell Abnehmer fand. So wuchs ein regelrechtes Eisengeschäft in kaufmännischen
Formen heran, das mit dem Eintritt der beiden ältesten Söhne des
Gründers, Joseph und Jacob Netter, 1833 einen raschen Aufstieg nahm. Joseph
, der in Bruchsal Kaufmann gelernt hatte, baute das Geschäft zum Eisengroßhandel
aus. 1833 galt forthin als Gründungsjahr der Firma, die zu den ältesten
ihrer Art im Großherzogtum Baden zählte. Jacob Netter besuchte als
Reisender Lieferanten, betreute Kunden und warb neue. Trotz der außerordentlichen
schwierigen Verkehrsbedingungen — das Eisen z. B. mußte aus den
Hüttenwerken Neunkirchen und St. Ingbert im Saarland per Fuhrwerk herbeigeschafft
werden — konnte Jacob Netter das Absatzgebiet über Bühl hinaus
in den Schwarzwald, ins badische Oberland bis hinein in die Schweiz erweitern
. Sicher, der „rastlose Fleiß, die reellen Geschäftsmethoden und die große
Beliebtheit", die Jacob Netter zugeschrieben wurden3, gewannen manchen
Kunden hinzu, aber darüber hinaus bewiesen die Inhaber in ihren Investitionen
unternehmerischen Weitblick und ein feines Gespür für die wirtschaftliche
Entwicklung, denn mit dem Zollverein standen die Zeichen der Zeit auf
zoll- und wirtschaftspolitische Einigung und Industrialisierung.

1853 wurde im industriellen Ludwigshafen eine Niederlassung gegründet, die
der jüngste Sohn Wolf Netters, Samuel, leitete. Dieser Betrieb wurde 1874 als
selbständige Firma „Wolf Netter Bekleidung" ausgegliedert. Wolf Netter zog
sich 1857 aus dem Unternehmen zurück und verkaufte an seine vier Söhne Joseph
, Jacob, Hermann (alle Bühl) und Samuel (Ludwigshafen) „das von ihm
unter der Firma ,Wolf Netter' bisher betriebene und besessene Eisenhandelsgeschäft
dahier mit dem Filialgeschäft in Ludwigshafen und mit allen Gebäuden
, Liegenschaften, Inventarständen, Warenvorräten (...) um die Kaufsumme
von 40000 Gulden." Der Kaufvertrag schrieb vor, daß das Geschäft
von den Käufern mindestens zehn Jahre lang in Gemeinschaft zu betreiben
sei, „indem ihm jeder alle seine Tätigkeit, Kräfte und Geldmittel zuwendet"4.
Die Nachkommen von Wolf Netter, der 1859 in Bühl verstarb, sollten der Verpflichtung
zur Gemeinsamkeit bis in die vierte Generation gerecht werden.

2 Geschichte der Stadt Bühl in Baden. Hrsg. von O. Gerke. Offenburg 1936, S. 48-50. Israelitische Kirchenbücher
Bühl 1810-1870 im GLA Karlsruhe. Alle in Bühl verfügbaren Zeugnisse über Netter (Ehe-, Erbteilungsund
andere Verträge) zusammengestellt im Nachlaß O. Netter (New York). Bürgermeister Burger an O. H.
Netter, Bühl 18. 11. 1965, ebda.

3 Südwestdeutsche Industriechronik 21/1913, S. 1.

4 GLA 257 Bühl II Fasz. 814, 815.

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