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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 184
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0186
Schissele vom 15. Januar 1919 betonte Eugen Jacobi, daß die bisherigen Inhaber
es „selbstverständlich vorgezogen hätten, selbst unsere Geschäfte weiter
zu betreiben, daß wir uns aber nach Lage der hiesigen Verhältnisse klar geworden
sind, daß dies nicht mehr möglich ist"10. Den Zustand der Schwebe vom
Spruch des Präsidenten des „Tribunal Regional de Strasbourg" vom 1.7.
1919, der die Betriebe als beschlagnahmt erklärte, bis zum Übernahmevertrag
zwischen Netter & Jacobi und der französischen Nachfolgefirma vom 31. 3.
1920 nutzten die verbliebenen Betriebsangehörigen, um Geschäftsunterlagen,
vor allem Patente und Konstruktionspläne, an den Behörden vorbei nach
Deutschland zu schaffen. In einem Bericht an den Justizdirektor warnte der
Präfekt davor, daß Schissele zu sehr unter dem Einfluß von Netter & Jacobi
stünde und daß Jacobi in Deutschland eine ähnliche Industrie aufbauen würde
. Er empfahl, die verbliebenen Angestellten schleunigst auszuweisen".

Unter den französischen Bewerbern erhielt per Gerichtsbeschluß vom 16. 1.
1920 die „Societe d'Etudes Metallurgiques et Minieres", später Forges de
Strasbourg, den Zuschlag, weil sie die Anlagen im Hafen durch Siemens-
Martin-Hochöfen ergänzen sowie in Königshofen Automobile produzieren
und einen Großteil der Aktien elsässischen Interessenten überlassen wollte.
Nach zweijähriger Zwangspause für die Fabriken begannen die Forges ihre
Tätigkeit mit praktisch unverändertem Produktionsprogramm, allerdings mit
hohen Verlusten, zumal die Behörden den Vertrag mit Netter & Jacobi wegen
der dort ausgewiesenen Verluste nicht genehmigten. Der Liquidationserlös belief
sich auf etwa 28 Millionen Goldfrancs, von denen die Inhaber Karl und
Ludwig Netter, Julius Seligsohn-Netter, Eugen und Paul Jacobi rund 14 %
aufgrund der Kriegsschädengesetzgebung in Reichsschuldbucheintragungen
erhielten. Laut einer Zusammenstellung des ehemaligen Reichsministeriums
für Wiederaufbau und des Reichsfinanzministeriums vom Mai 1928 wurde der
Schadensgrundbetrag für den verlorenen Besitz von „Wolf Netter & Jacobi"
im „Grenzlandwest" mit 31,1 Mio. RM angegeben, für die das Reich 376000
RM Entschädigung gezahlt hatte'2. Damit „wäre es" — wie ein bekannter
Wirtschaftsjournalist schreibt — „für die Eigner bequemer gewesen,
sich ... ins Privatleben zurückzuziehen oder allenfalls das Handelsgeschäft
weiterzuführen. Aber die Inhaber waren wohl Unternehmer von jener patriarchalischen
Art, die sich der Verpflichtung gegenüber der alten Belegschaft
nicht leichten Herzens entledigen kann.13

Jedenfalls bemühten sich die Besitzer, durch Ankauf geeigneter Produktionsstätten
und Ausbau der bestehenden Werke alle aus Frankreich ausgewiesenen
Arbeiter und Angestellten in Deutschland unterzubringen. Davon profitierte

10 Eugen Jacobi an Schissele, Straßburg 15. 1. 1919. (Archives Departementales A. L. 144/125: Wolf Netter &
Jacobi 1919-1923).

11 Archives Departementales de Strasbourg A. L. 144/125.

12 Bundesarchiv Koblenz R 2/603. Mannesmann-Archiv M 17 339 (Übersicht vom 27. 1. 1938).

13 K. Pritzkoleit, Gott erhält die Mächtigen. Rück- und Rundblick auf den deutschen Wohlstand. Düsseldorf
1963, S. 36.

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