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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 219
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Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung abzielten, zu seiner
Lebensaufgabe gemacht habe. Da der Referent nicht erschien, hielt Geck
einen humoristischen Vortrag, in welchem auf den abwesenden Bios Bezug
genommen wurde. In Anwesenheit eines Polizeikommissars und zweier
Wachtmeister sang eine „rote Runde" Volkslieder, auch „die Melodie der
Marseillaise" und schließlich den Text: „Es liegt ein fremder Kerl im Bett",
der als Schmähung öffentlicher Diener gewertet und dessen Absingen vom Bezirksamt
mit einer Strafe von 20 M. oder 5 Tage Haft geahndet wurde! In der
Verhandlung vom 12. Oktober vor dem Offenburger Schöffengericht wurden
8 Sänger, darunter Adolf Geck, zu einer Geldstrafe von 10 M. oder 2 Tage
verurteilt. Einer der Sänger, ein arbeitsloser Tapezierer, mußte die Haftstrafe
verbüßen. Das Ganze hatte noch ein Nachspiel: die beiden Wachtmeister verklagten
den Redakteur Geck wegen Beleidigung durch die Presse. Daß Geck in
solchen Fällen von „inquisitorischer Tollwut" sprach, ist verständlich. Für
die Beurteilung der politischen Verfolgungen durch die Kriminaljustiz führte
Geck die Strafkammerverhandlung im Spätjahr 1887 gegen den Landwirt
Franz Xaver Huber aus Elgersweier an, wo Geck am 18. 2. erstmals aufgetreten
war. Huber war wegen Verbreitung verbotener Druckschriften angeklagt.
In der Hauptverhandlung stellte man nach 5 Wochen Untersuchungshaft fest,
daß es sich gar nicht um eine verbotene Schrift handelte, was man auch aus
den Prozeßakten hätte ermitteln können! Der Fall war natürlich für Geck
noch 1928 ein dankbares Thema, als er anläßlich des 40jährigen Bestehens des
Ortsvereins Elgersweier am 12. August über „die Entstehung des Sozialistengesetzes
und seine barbarischen Auswirkungen auf die Bekenner für Abschaffung
der kapitalistischen Gesellschaftsordnung" sprach.

1888 ging ein größeres Unwetter über die Offenburger Feldpoststation nieder.
Es war der Polizei gelungen, einigen Transportunternehmen auf die Spur zu
kommen, die von Mai bis Anfang August durchgeführt worden waren und
über die eine beteiligte Frau Angaben gemacht hatte. Im November standen
im badischen „Großen Sozialistenprozeß" in Freiburg 15 Angeklagte vor den
Schranken des Gerichts, darunter vier Frauen.13 Zur Offenburger Feldpost
zählten neben Adolf Geck, der sich seit dem 9. September in Untersuchungshaft
befand, Frau Fanny Zwick, der Glaser Johann Basler aus Fessenbach,
der Gerbergehilfe Karl Lehmann und der Hutmacher Ludwig Dotter, ein
Sohn der älteren Schwester Gecks, Elisabeth, die als Demokratin aus der Zeit
von 1848 zum Stolz Adolfs ihrem Sohn nicht verwehrte, aktives Mitglied der
„Roten Feldpost" zu werden. Sie wurden beschuldigt, Koffer mit verbotenen
Druckschriften in Empfang und in Deutschland weiterbefördert zu haben, die
von Basel nach Lörrach gebracht und dort als Passagiergut im Gewicht bis zu
50 kg nach Offenburg aufgegeben worden waren. Hausdurchsuchungen und
Verhaftungen machten auch dem Geckschen Betrieb zu schaffen; an Stelle
von Geck übernahm der Schriftsetzer Albert Azone, der mit dem „Rheinboten
" von Kehl gekommen war, am 14. September die Redaktion des „Südwestdeutschen
Volksblattes". Geck wurde im November zu vier Monaten Ge-

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