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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 222
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0224
festlich geschmückten landwirtschaftlichen Halle hatte man einen „Flaggenkranz
bunter Nationalbanner aller Länder" angebracht: „Im Mittelpunkt dieser
Emporendrapierung senkte sich eindrucksvoll ein großer monotoner Streifen
, das ernste rote Banner der sozialistischen Internationale, von der mächtigen
Stange zum Boden herab". Was kommen mußte, kam: ein Wachtmeister
der Gendarmerie verlangte die Entfernung der roten Fahne. Da der Festordner
gerade auf die „Menschheitsfahne aller Länder" Wert legte, wurde das
Bezirksamt zur Entscheidung angerufen. Weil der Amtmann das rote Tuch
nicht als Landesbanner des Sultans von Marokko anerkennen wollte, verfiel
man auf die Idee, ihm die Frage zu stellen: „Wie wäre es denn, wenn der Festleiter
die Fahne des gesetzlichen Anstoßes in das Banner der Eidgenossenschaft
, auch eine Verbrüderung der Nationalitäten, umwandelte?" Ein weißes
Kreuz in die Mitte des langen Rotstreifens geflickt und dem Gesetz ist genügt
! Der Amtmann gabs zu. Man schnitt also in der Redaktion zwei papierene
Weißkreuze zurecht und befestigte sie mit Kleister an der Fahne. Daraufhin
konnte das Fest zur Mittagsstunde beginnen. Nach Gecks humorvoller Schilderung
im „Alten" vom 19. 5. 18 lösten nun aber die Schallwellen des sozialistischen
Bundesliedes, der Marseillaise, die Papierkreuze, so daß die „bezirksamtlich
verordneten Feigenblätter" auf die Erde flatterten; doch mit dieser
Fügung des Schicksals zur Herstellung des Status quo habe sich alles ruhig abgefunden
.

Wenn man allerdings zu leichtsinnig wurde, mußte man mindestens in die
Tasche greifen. Im gleichen Jahre wurden Adolf und Eugen Geck wegen Verbreitung
verbotener Druckschriften zu Geldstrafen verurteilt, weil sie während
einer festlichen Veranstaltung im „Mundinger" Liedertexte, darunter
die „Arbeiter-Marseillaise", zum Mitsingen verteilten. Eine Kostprobe aus
diesem verbotenen Kampflied mag seinen „revolutionären" Charakter für die
damalige Obrigkeit aufzeigen:17

Der Feind, den wir am tiefsten hassen,
Der uns umlagert schwarz und dicht,
Das ist der Unverstand der Massen,
Den nur des Geistes Schwert durchbricht.

Ist erst dies Bollwerk überstiegen,
Wer will uns dann noch widerstehen?
Dann werden bald auf allen Höh'n
Der wahren Freiheit Banner fliegen.

Nicht zählen wir den Feind,

Nicht die Gefahren all,

Der Bahn, der kühnen, folgen wir,

Die uns geführt Lasall'.

Das Naturell Gecks gewann der düsteren Zeit der Sozialistenverfolgung immer
wieder heitere Seiten ab. Die von ihm am 16. 1. 1932 im „Alten" geschilderte
Episode spielt in der Zeit, da den Sozialdemokraten Referate in öffentlichen
Versammlungen verboten waren:

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