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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 225
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der alten Zunft und von der neuen Gewerkschaft, die den Verein vorsichtig
zwischen den gefahrvollen Klippen durchsteuerten, an denen zur sozialistengesetzlichen
Zeit in Offenburg mancher Verein im Getriebe der tückischen
Wogen zerschellt war". Zwanzig auswärtige Vereine waren zu dem
„Huterer-Fest" gekommen, auf dem Adolf Geck die Weiherede hielt. Das
heitere Fest wurde für den arglosen Geck, dem die trinkfesten Sangesbrüder
der Offenburger „Concordia" nach der Erzählung Gecks heimlich unter seinen
,,Volkswein" stets den offiziellen Festschampes mischten, zum Verhängnis
. Am nächsten Tag mußte in Karlsruhe wegen seines Unwohlseins die letzte
Nummer des „Südwestdeutschen Volksblattes" ohne ihn redigiert, gesetzt
und gedruckt werden. Das Blatt kam dreimal wöchentlich in Karlsruhe und
dreimal in Offenburg heraus. Nun war zwar nach Gecks Worten mit dem Tod
des Tyrannen Sozialistengesetz das Ende der „freiheitslosen, entsetzlichen
Zeit" gekommen, aber noch keinesfalls für ihn: „Gegen die beiden letzten
Nummern des ,Südwestdeutschen Volksblattes' machte die Staatsanwaltschaft
Karlsruhe die strafende Gerechtigkeit mobil". Weil die Zeitung aus
„Fliegen und Spinnen" des französischen Schriftstellers und Schwiegersohns
von Karl Marx, Paul Lafargue, zitiert und auch die „Freie Presse" des Dichters
Ferdinand Freiligrath herangezogen hatte, wurde Adolf Geck als verantwortlicher
Redakteur wegen „Aufreizung zum Klassenhaß" zur Rechenschaft
gezogen und eine polizeiliche Staatsaktion inszeniert: in Karlsruhe wurde die
Druckerei Mayer und die Expedition durchsucht und in Offenburg von der
Gendarmerie in mehreren Stunden die Druckerei, das Büro und auch seine
Wohnung durchwühlt. Als Joseph Belli nach erfolgter Liquidation der „Roten
Feldpost" in der Schweiz seine Mitarbeiter in Offenburg besuchte, fehlte
Freund Adolphus: „der saß wieder einmal auf dem .Graben'." Obwohl beide
Werke in jeder Buchhandlung frei verkäuflich waren, „wurde ihre Wiedergabe
von der noch immer tatenlüsternen Inquisition zu einer sensationellen
Staatsretterei gemacht. Untersuchungen, Anklage und notpeinlicher Halsprozeß
gegen den Redakteur, der vor die Schranken des Karlsruher Schwurgerichts
gestellt wurde.

Trotz des Beweises, daß an Stelle des plötzlich erkrankten Verantwortlichen
und ohne dessen Wunsch oder Kenntnis damals der sozialdemokratische
Rechtsanwalt Dr. Guttenstein-Karlsruhe jene Artikel in die Zeitung setzen
ließ, sprach das .Volksgericht' eine Gefängnisstrafe von neun Monaten gegen
Ad. Geck aus". Der mitangeklagte Schriftsetzer Teufel erhielt sechs Monate
Gefängnis. Geck legte beim Reichsgericht Revision ein. Dadurch konnte er zunächst
nach dem Zwischenspiel auf dem „Graben" den vom 12.—18. Oktober
1890 in Halle stattfindenden Parteitag besuchen, bei dem er als Mitglied
der Revisionskommission fungierte. Auch in Baden konnte nun ein ordnungsmäßiger
Landesparteitag durchgeführt werden, nachdem das Sozialistengesetz
am 30. September ausgelaufen war. Dieser 2. Parteitag, der am 23. November
in Offenburg stattfand, gab der Landesorganisation ein Statut, das allerdings
nur 5 Paragraphen umfaßte. Die Stadt wurde Vorort des Vorstandes,

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