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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 259
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Braudel Geck fällt in den letzten Kriegstagen

So erfreulich diese Bilanz für Geck war, so konnte sie ihn doch nicht von den
Gedanken an seine beiden im Felde stehenden Söhne ablenken. Um diese Zeit
hatte sich der letzte Akt der deutschen Niederlage bereits angebahnt: das
Westheer hatte vom März bis Juli eine Million Soldaten verloren, ebensoviel
amerikanische Soldaten standen bis Ende Juni in Frankreich; bei den gegnerischen
Offensiven zeigte sich, daß der „Widerstandswille bei beträchtlichen
Teilen der Truppe verbraucht war"."2 Inzwischen war den Soldaten die Sangeslust
vergangen, von der Ludwig Frank bei Kriegsbeginn berichtet hatte.
Am 4. August gedachte Geck seines ehemaligen gefallenen Fraktionskollegen
in einem längeren Artikel, den er nicht ohne Bitterkeit schloß:

„In der heimatlichen Politik trat der, einer angesehenen gesellschaftlichen Stellung sich erfreuende
sozialistische Mannheimer Rechtsanwalt mit einer plötzlichen Wendung auf die Seite des Reformsozialisten
Wilhelm Kolb, dessen opportunistische Politik Frank vorher — insbesondere
noch auf dem Dresdner Parteitag — aufs heftigste bekämpft hatte. Arm in Arm mit den badischen
Nationalliberalen, die den Lahrer Gymnasiasten ob seiner sozialistischen, internationalen
Anwandlung einer Lessing-Verherrlichung auf dem Holzstoß verbrennen mochten, wandelte Dr.
Frank durch ein Jahrzehnt des badischen Großblockzeitalters als badischer Sozialistenführer. Der
Weg führte zu den geheimen Besprechungen im Hofratskabinett, nach dem Schlosse des Landesfürsten
; hinter dem Leichenwagen des Großherzogs ging Dr. Frank unter umflortem Zylinderhut.
Er befehdete seine Gesinnungsgenossen aus der vorblöcklichen Zeit aus taktischen Differenzen.
Indessen gab ihnen die Geschichte doch Recht."

Was Geck nach Ausbruch der Februarrevolution in Rußland unter der Zensur
vorsichtig im „Alten" vom 18. März 1917 angedeutet hatte: Es „kocht überall
unter den Volksmassen, als wollte von unten herauf der Völkermord gesteuert
werden", versuchten nun Einsichtige an den Kaiser heranzutragen.
Am 4. September ließ sich Albert Ballin, Generaldirektor der Hamburg-
Amerika-Linie bei ihm ansagen, um mit ihm über die Notwendigkeit eines
Friedensschlusses innerhalb von 14 Tagen zu sprechen, „sonst breche die Revolution
aus"."3

Der Schock, den Ludendorff mit seinem überraschenden und alle Illusionen
zerstörenden Eingeständnis der Niederlage dem Volke bereitete, mußte ihren
Ausbruch beschleunigen: „Am 1. Oktober gingen alle paar Stunden Telegramme
in Berlin ein, in denen Ludendorff immer heftiger verlangte, das Friedensangebot
müsse sofort hinausgehen . . . Die Armee könne keine 48 Stunden
mehr warten, ein Durchbruch mit katastrophalen Folgen sei jederzeit
möglich.""4

Nachdem die Reichsregierung in der Nacht vom 3./4. Oktober um einen Waffenstillstand
gebeten hatte und der Notenwechsel darüber mit dem amerikanischen
Präsidenten Wilson in Gang gekommen war, hegte zwar auch der „Alte
" die größte Zuversicht auf einen baldigen Frieden, aber es blieb die bittere
Realität: „Noch fordert die Menschheitsgeißel des Krieges neue Hekatomben
unter den Ebenbildern Gottes". Im Hause Geck konnte niemand ahnen, daß
auch Brandel der „satanischen Vernichtungskunst der Massenabschlachtung"

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