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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 270
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Was den dritten Einwand betrifft, so traf Berkenkopf Geck zwar im tiefsten
Schmerz an, aber dessen politische Aktivität war in jenen Tagen so ungebrochen
, daß der Tod Brandeis kein Hinderungsgrund gewesen sein konnte, sofort
mit jenem nach Karlsruhe zu fahren. Leider wissen wir nicht, welche Weisungen
Berkenkopf von Geck erhalten hat. So wie die Dinge in Karlsruhe liefen
, muß man annehmen, daß dort die Unabhängigen, die am 9. November
als Soldatenräte viel Macht in ihren Händen hatten, auf sich selbst gestellt waren
. Am Tage der Revolution blieben sie ebenso ohne zentrale Leitung wie die
Unabhängigen in entscheidenden Stunden in Kiel, wo man vergeblich auf einen
USP-Führer aus Berlin wartete,130 so daß Noske als Vertreter der Regierung
jene Chancen nutzen konnte, welche die USP vertan hatte.

Es mag überraschen, daß Geck ausgerechnet an dem Tage, den er jahrzehntelang
ersehnt hatte, nicht in der Landeshauptstadt weilte und so das Steuer allen
jenen überließ, die diese Revolution nicht gewollt hatten. Es zeigte sich erneut
, daß Adolf Geck nicht den für einen Parteiführer notwendigen politischen
Ehrgeiz besaß,131 den er schon auffällig 1894 vermissen ließ, als er am
14. Januar die Mitgliedschaften davon unterrichtete, daß er aus dem Vorstand
der Landesorganisation ausgetreten sei.132 Die Differenzen mit seinen
Genossen in Offenburg bestimmten ihn seinerzeit sogar, sich am 1. September
in den Sozialdemokratischen Verein für den 8. badischen Reichstagswahlkreis
in Achern aufnehmen zu lassen.133

Trotz seiner Passivität wäre Geck möglicherweise einer offiziellen Aufforderung
des Karlsruher Wahlgremiums gefolgt, sich als Ministerpräsident zur
Verfügung zu stellen. Ich stütze mich dabei auf seine Haltung gegenüber seinen
Karlsruher Parteigenossen vor der Landtagswahl im Jahre 1901. Da er seinerzeit
auf eine Anfrage des Vorsitzenden des Szd. Vereins wegen einer Kandidatur
für den Landtag nicht geantwortet hatte, wiederholte der Schriftführer
Brandel am 28. 4. 1901 wegen der näher rückenden Wahlen die Anfrage, ob
Geck geneigt sei, in Karlsruhe wieder zu kandidieren. Darauf antwortete dieser
bezeichnenderweise: „Ich pflegte bisher niemals nach meiner Neigung zu
kandidieren, sondern prüfte in jedem Falle, ob ich mich dem Wunsche der
Parteigenossenschaft, eine mir angebotene Kandidatur zu übernehmen, nach
Lage der Sache fügen kann. Diese Gepflogenheit, die mir sozialdemokratisch
unanfechtbar erscheint, werde ich auch künftig beibehalten". Gestrichen hatte
er die Hinzufügung: „und werde also auch in Zukunft nicht mit meiner Person
Offerten für Kandidaturen einreichen". Der Karlsruher Vorstand wollte
aber von Adolf Geck eine präzise Antwort, bevor er der Parteiversammlung
seine Kandidatenvorschläge unterbreitete, und so mußte Carl Brandel am
1. Juni erneut um eine unzweideutige Antwort bitten: „Wir werden und können
solche Vorschläge nicht machen, wenn wir nicht von den in Betracht kommenden
Personen bestimmte Antworten haben". Mit der Bemerkung, er habe
sich niemals um ungelegte Eier bekümmert, antwortete Geck den begriffsstutzigen
Karlsruhern am 3. Juni: „Bis jetzt wurde mir eine Kandidatur von der

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